Bochum. Groß war der Andrang bei den Tagen der offenen Tür im Hospiz St. Hildegard. Der Flohmarkt stand im Blickpunkt – aber auch Gespräche über den Tod.
Gemeinhin ist das Hospiz St. Hildegard ein Ort der Stille. Nicht so am Wochenende. 1500 Besucher verwandelten die Gründerzeitvilla oberhalb der Königsallee in einen kunterbunten Flohmarkt. Pralles Leben herrschte dort, wo das Sterben zum Alltag gehört.
„Ausgerechnet die Menschen, die durch ihre Arbeit jeden Tag mit dem Tod in Kontakt sind, haben am wenigsten Angst vor ihm.“ Tief beeindruckt zeigte sich Dr. Eckart von Hirschhausen, als er für eine ARD-Reportage für drei Tage im Bochumer Hospiz zu Gast war. „In der Tat wird hier auch oft gelacht“, sagt Leiter Johannes Kevenhörster und berichtet vom Erstaunen, das viele Menschen befalle, die zum ersten Mal hier sind: „Die meisten sind verblüfft, dass es bei uns nicht düster und trübsinnig, sondern hell und offen ist. Wir sind keinesfalls alles Trauerbacken.“
Bürger leisten Spenden für den Flohmarkt
Erst recht nicht an den beiden Tagen der offenen Tür, die das Hospiz regelmäßig am letzten Oktober-Wochenende veranstaltet. Schon im Vorfeld geht’s quirlig zu. Immer mehr Bochumer geben gut erhaltene Bücher, Schallplatten, CDs, Geschirr, Gläser, Spielzeug, Antiquitäten und vieles mehr ab, was sie daheim entbehren können. Die Spenden werden gesammelt, sortiert, bei Bedarf gereinigt und auf dem Flohmarkt angeboten. Der sorgte am Samstag und Sonntag erneut für ein volles Haus. Zeitweise gab’s auf den Fluren kein Durchkommen. Besonders gefragt: der Büchermarkt, der inzwischen als einer der größten in der Region gilt. Kaffee, Kuchen und Waffeln fanden obendrein guten Absatz.
Mit einer fünfstelligen Einnahme bildet der Markt-Erlös einen wichtigen Pfeiler bei der Finanzierung des Hospizes mit seinen elf Wohnplätzen. „95 Prozent unseres Etats werden durch die Tagessätze der Kranken- und Pflegekassen gedeckt“, schildert Johannes Kevenhörster (53). Es bleibe aber ein Trägeranteil von fünf Prozent. „Das sind jährlich immerhin 250.000 Euro, für die wir auf Spenden angewiesen sind.“ Es sei bemerkenswert, dass diese Rechnung immer wieder aufgehe.
Gespräche über Sterben und Tod
Dabei seien die Aktionstage nicht nur des Geldes wegen wichtig, betont Kevenhörster. „Wir wollen uns ganz bewusst öffnen und die Menschen anregen, auch über das Sterben und den Tod zu reden“, betont der Theologe, der mit 28 hauptamtlichen Mitarbeitern und mehr als 70 Ehrenamtlern jährlich rund 200 schwerstkranke Frauen und Männer betreut.
Aufnahme im Hospiz ist kostenlos
Die 1923 errichtet Fabrikantenvilla in Wiemelhausen wird seit 1955 von der Caritas genutzt: zunächst als Jungen- und Bergbaulehrlingsheim, später als Pflegevorschule und als Wohnheim für Förderschülerinnen.
Seit 1995 ist hier das Hospiz St. Hildegard als gemeinnützige GmbH beheimatet. Gesellschafter sind der Caritasverband für Bochum und Wattenscheid und das Bistums Essen.
Elf Plätze stehen zur Verfügung. Die Aufnahme erfolgt unabhängig vom Glauben. Es fällt kein Eigenanteil an.
Eng ist die Verzahnung mit dem Ambulanten Hospizdienst und dem Palliativnetz, das in Bochum als vorbildlich gilt. Die Bewohner, die hier respektvoll „Gäste“ genannt werden, werden medizinisch und seelsorgerisch auf ihrem letzten Weg begleitet. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 20 Tage, sagt Johannes Kevenhörster. „Es gibt aber auch Gäste, die drei bis vier Monate bei uns sind.“ Leitspruch: „Leben bis zuletzt...“
Umbau soll im November beginnen
Das soll künftig noch würdiger und komfortabler werden. Ein Umbau steht bevor. „Wir werden unser Haus modernisieren und erweitern“, kündigt der Leiter an. Im November sollen die Arbeiten beginnen. Die Besucher des Flohmarktes haben dazu am Wochenende einen Beitrag geleistet.