Bochum. Weniger als 60 Prozent der Berechtigten kriegen Gelder des Bildungs- und Teilhabepakets. Die Verwaltung mache einen Fehler, meint Bochum Prekär.
Weniger als 60 Prozent der berechtigten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bochum nehmen laut Stadt das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) in Anspruch. Sie bekommen Geld für Schul- und Lernbedarf oder die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben. Dass nur rund jeder zweite Berechtigte das Geld in Anspruch nimmt, kritisiert Bochum Prekär. Die Sozialberatung fordert eine Quote von 100 Prozent – und weniger Bürokratie.
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„Stellen Sie sich vor, bei den Renten würden keine 100 Prozent erreicht werden, weil die Verwaltung schlampt“, kritisiert Norbert Hermann von Bochum Prekär scharf. „Natürlich gehören sich 100 Prozent. Das gehört schließlich zum soziokulturellen Existenzminimum, drunter geht nicht. Das ist eine Verpflichtung der Verwaltung“, macht er seine Forderung deutlich.
Geld für Schulmaterial, Mittagessen in der Schule oder den Sportverein
Bildung und Teilhabe bedeuten, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene Geld vom Bund bekommen – für Schulmaterial, den Weg zur Schule, für Lernförderung, das Mittagessen in der Schule, aber auch für die Teilhabe am sozialen Leben, zum Beispiel im Sportverein oder der Musikschule. 2018 gab es laut Stadt 21.982 Antragsberechtigte in Bochum. Dazu gehören die, die von Arbeitslosengeld II, also Hartz IV, Sozialgeld und Sozialhilfe leben oder Wohngeld beziehen.
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Diesen Menschen, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, stehen zum Beispiel zu Beginn jedes Schuljahres 100 und zu Beginn des zweiten Halbjahres noch einmal 50 Euro für Schulmaterial zu. „Davon sollte eigentlich jedes Schulkind profitieren“, sagt Hermann. Das ist in Bochum aber nicht der Fall. Hermann meint, den Grund dafür zu kennen: Familien, denen Geld zustehen würden, seien oft nur unzureichend informiert.
Gesetzes-Vereinfachung zur Abschaffung von Bürokratie
Um Bürokratie abzuschaffen, gibt es im „Starke-Familien-Gesetz“ seit dem 1. August sogenannte Verwaltungsvereinfachungen. Beziehen Eltern Sozialleistungen, gelten die Bildungsleistungen als mitbeantragt, lediglich eine Lernförderung muss bei Bedarf beantragt werden. Eine Erleichterung unter anderem für die Schulen.
Änderungen durch das Starke-Familie-Gesetz
Durch das „Starke-Familie-Gesetz“, das zum 1. August in Kraft trat, gibt es laut Sozialministerium mehr Unterstützung für Familien mit geringem Einkommen.
Dazu gehört, dass es schon eine Lernförderung gibt, wenn die Schule Bedarf sieht und nicht erst bei einer gefährdeten Versetzung. Auch für das Mittagessen müssen die Familien nicht mehr zuzahlen.
Zudem ist das Geld für den Schulbedarf von 100 auf 150 Euro gestiegen, monatlich gibt es für Sport-, Spiel- oder Kulturveranstaltungen nun 15 statt 10 Euro.
Aber nicht unbedingt für die Betroffenen. Pro Monat bekommen Berechtigte 15 Euro für Sport-, Spiel- oder Kulturverstaltungen. „Auch wenn durch die Aktivität weniger Kosten entstehen. (...) Ein Nachweis beziehungsweise eine Absichtserklärung ist für die Bewilligung notwendig“, habe das Jugendamt Bochum Prekär auf Nachfrage mitgeteilt.
Hermann meint, dass das alles recht wohlwollend klingt. Das Problem aber sei, dass bürokratische Hürden nicht weniger geworden seien. Weil weiterhin ein kompliziertes Formular ausgefüllt werden müsste. „Jedes berechtigte Kind sollte alle Informationen nach Hause bekommen, mit einem einfachen, formfreien Formular, mit dem die allgemeine Teilhabeabsicht bekundet wird“, fordert er.
Stadt: Inanspruchnahme sollte nicht an fehlendem Antrag scheitern
Auch die Stadt findet, dass die Inanspruchnahme von Leistungen nicht mehr an einem fehlenden Antrag scheitern sollte. Die „BuT-Leistungen“ seien mit dem Hauptantrag (außer bei Wohngeldempfänger und Kinderzuschlag) bereits beantragt, heißt es von Stadtsprecher Thomas Sprenger. Bei einem konkreten Bedarf – zum Beispiel der Lernförderung – sei ein Nachweis aber weiterhin notwendig, weil dieser sonst nicht ermittelt werden könnte. Dafür gebe es verschiedene Formulare, die im Internet zu finden sind.
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Die Stadt sagt, dass sich die BuT-Struktur in Bochum seit 2012 kontinuierlich weiterentwickelt und gefestigt habe. „Sowohl die Leistungsberechtigten als auch die Anbieter wissen, wie Bildung und Teilhabe in Bochum funktioniert“, sagt Sprenger. Norbert Hermann von Bochum Prekär sieht das anders. Zu viele Berechtigte wüssten schlichtweg nicht, wie sie die ihnen zustehenden Leistungen beantragen.