Bochum. Die Bochumer Softwareschmiede „9Elements“ hat sich einen Namen in der Branche gemacht. Bei Facebook und Google hat sie eine Konferenz organisiert.

Eine Reise nach Kalifornien ist im Zeitalter des Düsenflugzeugs längst nichts besonderes mehr. Aber wenn der Zielort die Ideenschmiede Silicon Valley ist und wenn es um ein Treffen mit Mitarbeitern von namhaften Unternehmen wie Facebook und Google geht, lässt das aufhorchen. Zumal die Reisenden, ein Team der Bochumer Softwareschmiede „9Elements“, das Treffen organisiert haben. „Das macht uns hier im Unternehmen schon ziemlich stolz“, sagt Geschäftsführer Daniel Hoelzgen (34).

Etwa 300 IT-Experten aus aller Welt waren zu Gast bei der Open Source Firmware Conference (OSFC) 2019, die zum neunten Mal ausgetragen wurde und die auf eine Initiative aus Bochum zurückgeht. Worum es geht? Um fest in elektronischen Geräten verbaute Software, die sogenannte Firmware, die möglichst durch öffentliche Programmiercodes (open source) ersetzt werden soll. Ein weites Feld und doch zugleich ein Randthema selbst in der IT-Branche. Aber eines mit Potenzial.

Frei zugängliche Quellcodes

Die Erklärung für den Laien: „Es geht um die kurze Phase zwischen dem Anschalten eines Rechners und Aktivieren des Betriebssystems“, erklärt Jens Drenhaus (28), Softwareentwickler und Kopf des OSFC-Organisationsteams. Bereits in dieser Millisekunde werde fest installierte Software geladen, mit der eine Kontrolle über das Endgerät möglich sei. Die Alternative: „Es kann eine freie Software überspielt werden“, so Drenhaus. Wenn man weiß, wie das geht und was Anwender benötigen. Genau damit haben sich die Konferenzteilnehmer beschäftigt.

9Elements-Softwareentwickler Jens Drenhaus hat den OSFC im Silicon Valley mitorganisiert.
9Elements-Softwareentwickler Jens Drenhaus hat den OSFC im Silicon Valley mitorganisiert. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Knapp 100.000 Euro haben Sponsoren für die Austragung des Treffens zur Verfügung gestellt. Facebook und Google stellten Räume in ihren Zentralen in Sunnyvale (Google) und Menlo Park (Facebook) zur Verfügung. Sie sind ebenso wie andere große und kleine Unternehmen am Austausch der Spezialisten und an den Ergebnissen des Branchentreffens interessiert. Es ist eine Gratwanderung zwischen der kommerziellen und der Szenewelt.

Offen für neue Projekte

Auch 9Elements bewegt sich auf diesem Grat. „Wir nutzen selbst frei zugängliche Quellcodes und stellen deshalb auch selbst welche zur Verfügung. Wir wollen nicht nur eine profitorientierte Agentur sein, sondern auch immer für Projekte offen sein“, erklärt Geschäftsführer Daniel Hoelzgen. Das deckt sich nicht nur mit dem Interesse eines großen Teils der Belegschaft. Hoelzgen. „Viele Leute würden bei uns nicht arbeiten, wenn wir ihnen nicht diese Freiräume für Projekte bieten würden.“

Bochum ist das Zentrum der IT-Sicherheit

9Elements ist eine Softwareagentur, die passgenaue Lösungen für Unternehmen entwickelt. Ein Schwerpunkt ist dabei die IT-Sicherheit.

Damit ist das vor 20 Jahren gegründete frühere Start-up Teil der mittlerweile großen IT-Security-Community in der Stadt, deren Wirkung und Einfluss weit über die Landesgrenzen hinausreicht: Sie reicht vom Horst-Görtz-Institut an der Ruhr-Universität über etablierte Firmen wie G-Data, Escrypt und 9Elements bis hin zu jungen Firmen, die sich gerade am Markt etablieren.

Der nächste große Player wird das Max-Planck-Institut sein, das im vergangenen Jahr nach Bochum vergeben wurde. Es wird zunächst an der Ruhr-Uni eingerichtet und in einigen Jahren dann mit sechs Abteilungen und zwölf Forschungsgruppen in einem eigenen Gebäude auf dem Gewerbegebiet Mark 51/7 zu Hause sein.

Am Ende ist diese Freiheit offenbar auch gewinnbringend. Sie hat etwa zu der Gründung erfolgreicher Tochterunternehmen geführt. 20 Jahre nachdem 9Elements aus der Taufe gehoben wurde, ist es längst so weit, selbst Start-ups zu unterstützen, mit zu entwickeln oder gar zu kaufen. Erfolgreich ausgegründet wurde etwa die „img.ly Gmbh“ mit ihren mittlerweile 20 Mitarbeitern. Auch ein ehemaliges Projekt.

Schlüsselunternehmen der Start-up-Szene

Die Entwicklung eines Bildbearbeitungstools – damals noch unter dem Dach von 9Elements – hat die Firma erfolgreich am Markt gemacht – weltweit. Aus Sicht von Gregor Tischbierek aus dem Gründungs- und Wachstums-Team der Bochum Wirtschaftsentwicklung (WEG), der die 9Elements-Mannschaft beim OSFC begleitet und ihre Arbeit dort über soziale Medien verbreitet hat, ist die im Bermudadreieck beheimatete Softwarefirma so etwas wie ein „Schlüsselunternehmen der Start-up-Szene“, wie er sagt.

Und dieses Unternehmen wächst weiter. 80 Mitarbeiter gibt es mittlerweile. In diesen Tagen haben sie an der Kortumstraße weitere Räume bezogen, neue Schreibtische und Rechner aufgebaut. „Es wurde schon etwas eng“, sagt Geschäftsführer Daniel Hoelzgen. Dabei haben sie doch gerne genügend Beinfreiheit, um auch links und rechts des Marktes zu tüfteln.