Bochum. Fahrradclub lädt anlässlich seines 30. Jubiläums zur Podiumsdiskussion. Frage: Wie wird Bochum von autogerechter zur fahrradfreundlichen Stadt?

Wer „Bochum steigt auf!“ liest, dürfte aktuell eher weniger Assoziationen mit der Fußballbundesliga haben. Gut für den ADFC – denn der bewirbt mit dem Satz die Wende von der autogerechten zur fahrradfreundlichen Stadt. Am Dienstagabend lud der Fahrradclub Bürger zur Diskussion mit Experten aus Politik und Verwaltung ein. „Wie ernst nehmt ihr die Radwende und wo stehen wir?“ lautete die Überschrift. Dass die Radständer vor dem Kunstmuseum voll sein würden, stand schon vorher fest, ebenso die Vielzahl an Fahrradhelmen im Publikum. Verkehrsplaner Michael Vieten wollte mit Praxisbeispielen zunächst die „Köpfe öffnen“.

Platzproblem in den Innenstädten

„Zusätzlich zur Schadstoffbelastung haben wir ein Platzproblem“, so Vieten. In den Innenstädten werde es immer enger und Autos mit alternativem Antrieb bräuchten dieselben Parkflächen wie herkömmliche Benziner. „Die Aufteilung der Räume im Stadtverkehr muss sich ändern“, forderte Vieten. Im fließenden Verkehr entfielen in Städten rund 75 Prozent der Flächen auf Autos, im ruhenden Stadtverkehr stünden ihnen sogar über 80 Prozent zur Verfügung. Sein Credo: „Verkehrsmittel setzen sich durch, wenn sie Qualität und Komfort bieten.“

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Diskussionsforum des ADFC
Diskussionsforum des ADFC "Bochum steigt auf - Von der autogerechten zur fahrradfreundlichen Stadt?" mit Michael Vieten, Verkehrsplaner, Lehrbeauftrager Uni Bochum und Uni Wuppertal am 24. September 2019 im Kunstmuseum in Bochum. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Neugestaltung der Königsallee

Daran knüpften die Podiumsgäste an. Susanne Düwel vom Tiefbauamt gab zu: „Wir haben noch einiges vor der Brust.“ Weitere Hauptverkehrsstraßen müssten mit Radverkehrsanlagen ausgestattet werden. Planungen gäbe es bereits für Herner-, Universitäts-, Hattinger- und Alleestraße sowie für Königsallee und Castroper Hellweg.

Welche Ziele der ADFC hat

Die Podiumsdiskussion ist Teil einer Reihe von Veranstaltungen anlässlich der Jubiläumswoche des Fahrradclubs „ADFC“.

Bochum hat sich 2016 mit dem Antrag auf Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft der fußgänger- und fahrradfreundlichen Städte das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 einen Radverkehrsanteil von 20 Prozent zu erreichen.

Zu den Forderungen des ADFC zählen mehr Radstellplätze, breitere Radwege, die Ausweitung autofreier Zonen und den Umbau von Parkstreifen zu Radwegen.

Der jüngste Planungsvorschlag zur Neugestaltung der Königsallee, der eine Verkleinerung der Fahrspuren vorsieht, stieß auf unterschiedliche Reaktionen. „Ein Novum und eine Lösung für alle Verkehrsteilnehmer“, urteilte Martina Schnell (SPD), „sehr zufriedenstellend“ hieß es von Sebastian Pewny (Grüne). Ablehnung jedoch von Seiten der CDU: „Wir sind eine Volkspartei und müssen alle Interessen berücksichtigen. Der Bochumer an sich ist mit dem Auto verwurzelt“, erklärte Stephanie Kotalla (CDU).

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Vorbildstädte in Holland

Martin Krämer vom Bündnis Radwende stimmte dem nicht zu. „Wir müssen den Klimanotstand endlich ernst nehmen und den Autoverkehr reduzieren“, forderte er. Für den Bundesvorsitzenden des ADFC, Ulrich Syberg, braucht es dafür mehr Druck aus der Öffentlichkeit. Düwel erinnerte: „Es mangelt uns weniger am Geld, als am Personal.“ Auf eine Wunschliste konnten sich die Teilnehmer schneller einigen: Parkverbot auf Gehwegen, mehr Abstellmöglichkeiten, Lückenschlüsse im Radnetz und ausgebesserte Schlaglöcher. Auch Vorbildstädte waren mit Utrecht und Kopenhagen schnell gefunden.

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Akzeptanzkampagne reicht nicht

„Wir haben nicht mehr viel Zeit und zu lange am Autostandort festgehalten“, mahnte Pewny. Kotalla war sich sicher: „Wenn die Leute Spaß mit E-Bikes und Pedelecs haben, geht die Radwende noch schneller.“ Schnell nahm besonders die Sicherheit der Radfahrer in den Blick und plädierte für eine Akzeptanz als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer. „Eine Akzeptanzkampagne reicht nicht. Wir müssen in der Planung von heute die Verkehrswende von morgen mitdenken und etwa Supermarktparkplätze anders gestalten“, so Pewny.