Bochum. Eigentlich wollte Bochum 2020 mit dem ersten ausgeglichenen Haushalt seit 30 Jahren aufwarten. Das wird nun schwerer als erwartet.
Schuldenabbau, Rekordinvestitionen: Bochum wähnte sich als Gewinner des Aufschwungs der vergangenen Jahre. Bis vor einigen Wochen die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Städte und Gemeinde für das Jahr 2020 bekannt wurden. 21 Millionen Euro weniger als erwartet sollen aus Düsseldorf nach Bochum fließen. Daher droht aus dem ersten Haushalt ohne Schulden seit 30 Jahren nun doch nichts zu werden.
„Der ausgeglichene Haushalt steht auf der Kippe“, räumte Kämmerin Eva Hubbert am vergangenen Mittwoch in der Bezirksvertretung Süd ein, wo sie erstmals öffentlich das Bochumer Dilemma erklärte. Ausgerechnet die erfreuliche Entwicklung bei den Gewerbesteuereinnahmen macht ihr einen Strich durch die Rechnung.
Nachzahlung von 30 Millionen Euro
Weil die Nachzahlung eines Unternehmens von 30 Millionen Euro die Gewerbesteuereinnahmen Bochums im zweiten Halbjahr 2018 in unerwartete Höhen katapultiert hat, steigt die Steuerkraft der Stadt um 13,3 Prozent und damit fast dreimal so stark wie der Landesdurchschnitt (5,15 Prozent). Die zwangsläufige Folge: Es gibt weniger Zuweisungen, da sich Steuerkraft und Schlüsselzuweisungen wie bei einem Pendel gegenüberstehen. Der Ausschlag auf der einen Seite hat unweigerlich Folgen für die andere Seite.
Positive Entwicklung im laufenden Jahr
Für das laufende Jahr 2019 hatte die Kämmerei ursprünglich mit einem Defizit von 51,5 Millionen Euro gerechnet. Die Berechnungen nach dem Ende des ersten Halbjahres gehen nun davon aus, dass Bochum das Jahr mit einem Plus von 5,1 Millionen Euro abschließt.
Ausschlaggebend dafür sind vor allem Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer (12 Millionen Euro), bei den Schlüsselzuweisungen (11,1) sowie geringere Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen (13,1) und Zinsen (10).
Insgesamt sind Mehreinnahmen von 82,2 Millionen Euro und Mehrausgaben von 25,3 Millionen Euro zu erwarten. Der größte Ausgabenzuwachs betrifft die Personalaufwendungen. Sie steigen um 11,6 Millionen Euro.
Nun will sich Kämmerin Hubbert nicht über wachsende Steuereinnahmen beschweren, schon gar nicht weil ein lang anhaltendes Plus Ausdruck für wachsende Prosperität in der Stadt wäre. Der kurzfristige Sprung aber droht das Gerüst des geplanten Haushalts ins Wanken zu bringen. Der sah bei der Vorstellung Mitte Juli erstmals seit drei Jahrzehnten eine schwarze Null vor, das heißt: Die Einnahmen sollten reichen, um alle vorgesehenen Ausgaben zu decken. Nun fehlen etwa 18,4 Millionen Euro (Grafik). Und deshalb kündigt Hubbert an: „Zum endgültigen Haushaltsplan sind noch erhebliche Einsparungen vorzunehmen.“
Haushaltsausgleich bleibt das Ziel
An dem Ziel, den Haushalt ausgeglichen zu gestalten, will sie dabei grundsätzlich festhalten; wenn auch nicht „sklavisch“, wie sie sagt und damit einräumt, dass es wider Erwarten doch ein kleines Defizit geben könnte. Damit bliebe die Stadt immer noch auf der großen Konsolidierungslinie, die sie 2012 mit der Bezirksregierung vereinbart hatte und die für 2021 definitiv den Haushaltsausgleich vorsieht.
Gemeinsam mit der Politik wird die Verwaltung in den nächsten Wochen nun beraten, wo die fehlenden 18 Millionen Euro eingespart werden können. „Ich bin guten Mute, dass wir Lösungen finden“, so die Kämmerin. Und sie ist überzeugt, dass – wie vorgesehen – der Haushalt noch in diesem Jahr verabschiedet wird.