Bochum/Witten. Den Verkauf von Unitymedia an Vodafone nutzen Betrüger für unlautere Geschäfte am Telefon. Auch ein Ehepaar aus Wattenscheid ist betroffen.
Auch einen Tag danach ist Saskia Funder immer noch fix und fertig. Am Montag hatte sich ein Anrufer als Mitarbeiter des Telefonanbieters Vodafone ausgegeben und der Wattenscheiderin gesagt, durch die Übernahme ihres bisherigen Dienstleisters Unitymedia durch Vodafone benötige sie einen neuen Router, sonst stünde sie Anfang 2020 ohne Telefon, Internet und Fernsehen da. „Und ich habe mich bequatschen lassen“, sagt die 29-Jährige mit einer Mischung aus Enttäuschung und Wut.
Dabei sind Saskia Funder und ihr Ehemann Kevin längst nicht die einzigen, die sich einer neuen Masche ausgesetzt sehen. „Bei uns häufen sich die Anrufe von Verbrauchern, die im Zusammenhang mit der Unitymedia-Übernahme Anrufe oder Briefe erhalten haben“, sagt Andrea Thume, Leiterin der Verbraucherzentrale Bochum. „Kunden sollen zu neuen Verträgen oder zum Kauf neuer Geräte gedrängt werden“, so Thume. Und die Anrufer sind gut vorbereitet.
Im Netz recherchiert
„Der Mann hatte alle unsere Kundendaten von Unitymedia“, erzählt Saskia Funder, die früher selbst einmal bei einem Telefonanbieter gearbeitet hat. „Deshalb bin ich auch erst einmal gar nicht misstrauisch geworden.“ Erst als der Anrufer die Personalausweisnummer ihres Mannes, auf den der Telefonvertrag läuft, haben wollte, hat Kevin Funder sich gewundert. „Ich habe dann im Netz recherchiert, während meine Frau noch telefoniert hat.“
Am Ende fand er heraus, dass die von dem Anrufer angegebene Telefonnummer auf einer Seite einschlägig bekannter und dubioser Nummern gelistet ist. „Da ist uns klar geworden, dass wir getäuscht wurden“, so Funder. „Leider zu spät, der Router war schon bestellt. Ich finde es eine Riesensauerei, dass Leute dafür engagiert werden, andere auszunehmen.“ Denn: Tatsächlich bleibt auch nach der Firmenübernahme von Unitymedia durch Vodafone für die Kunden erst einmal alles wie bisher. Beide Unternehmen haben bereits erklärt, dass alle Verträge, Laufzeiten und Tarife bis auf weiteres bestehen bleiben.
Vodafone kennt die Abzockfalle
Eingewilligt hat das Ehepaar in den Kauf eines Routers für 99 Euro, der durch den Verkauf Unitymedias vermeintlich unerlässlich sei. Ob der Router geliefert wird oder ob es möglicherweise auch um das Abfischen von Bankdaten ging, ist erst einmal unklar. Bei Vodafone ist diese Art der Abzockfalle seit gut zehn Tagen bekannt. „Auch aus unserer Sicht ist das ein großes Ärgernis. Wir sind sehr daran interessiert, diesen Schindluder aufzudecken“, sagt Vodafone-Sprecher Alexander Leinhos. „Unitymedia und Vodafone weisen darauf hin, dass solche Anrufe von beiden Unternehmen nicht initiiert und auch nicht autorisiert worden sind. Wir dulden derartige Vorgehensweisen nicht und haben Ermittlungen gegen die bislang unbekannten Anrufer eingeleitet“, so Leinhos.
Festangestellt, beauftragt oder in eigener Sache aktiv
Werber für Telefondienstleistungen können Angestellte eines Telefonunternehmens sein, so ein Insider. Dazu gehört auch der Job in einem Callcenter im In- oder Ausland.
Außerdem beauftragen die Unternehmen externe Dienstleister, die im Namen der Anbieter Serviceaufgaben übernehmen, aber auch Vertragsangelegenheiten regeln. Beide Aufgaben können zudem von Partneragenturen betrieben, die einen oder mehrere Shops des Anbieters betreiben.
Richtig gemacht hat das Ehepaar Funder aus Sicht von Andrea Thume, dass sie den Fall der Polizei gemeldet und sich an die Verbraucherzentrale gewendet hat. „Es muss sich niemand schämen, wir alle können Opfer solcher oder anderer Täuschungen werden“, so Thume. Zumindest in einem Punkt konnte sie das Ehepaar beruhigen. „Bei Geschäften am Telefon muss ordentlich über die Widerrufsmöglichkeiten belehrt werden, sonst setzt die 14-tägige Frist erst gar nicht ein.“ Und diese ordentliche Belehrung habe es nicht gegeben, weil der ominöse Anrufer eine falsche Telefonnummer und überhaupt keine Adresse angegeben habe, bei der der Widerruf möglich wäre.
Täuschung bei der Polizei melden
Auch der Polizei Bochum ist die Abzocke bekannt, „auch wenn wir sie noch nicht als Masche festgestellt haben“ so Sprecher Marco Bischoff. Melden sollten Betroffene sie auf jeden Fall. Denn: „Der Straftatbestand des Betrugs ist auch beim Versuch strafbar.“
Bei den Funders sitzt der Frust derweil immer noch tief. Und auch wenn sie wissen, dass sie Äußerungen erwartet wie „Wie konntet ihr nur . . .?“ Die Sache sollte publik werden. Sie sagen: „Wir wollen den Fall bekannt machen, damit anderen eine solche Täuschung erspart bleibt.“