Bochum-Stiepel. Bei den Arbeiten am Turm der Stiepeler Dorfkirche machen die Höhenkletterer eine unliebsame Entdeckung: morsches Gebälk. Das kann teuer werden.
Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz: Kurz vor Ende der Sanierungsarbeiten auf der Turmspitze der Dorfkirche steht die evangelische Gemeinde vor ungeahnten Problemen. Denn die schiefe Kirchturmspitze mitsamt Kreuz und Hahn wieder in aufrechte Position zu bringen, gestaltet sich schwieriger als gedacht. Während der Arbeiten stellte sich heraus, dass der dicke Holzbalken, auf dem das Kreuz im Turm verankert ist, vermutlich durch Feuchtigkeit schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. „Das Holz scheint morsch und dementsprechend instabil zu sein“, sagt Pfarrer Jürgen Stasing. Die genauen Ursachen müssen wir jetzt herausfinden.“
Ende Juli soll das Kreuz zurückkehren
Falls die Versicherung den Schaden trägt, soll die Dorfkirche voraussichtlich Ende Juli ihr Kreuz und den Wetterhahn auf der Turmspitze zurückbekommen. Auch etwa 120 Schiefertafeln sollen erneuert werden.
Die Seilkletterer von „Seilkonzept“ mit Sitz in Kassel sind in ganz Deutschland im Einsatz: Für die Sanierung von Kirchtürmen werden sie ebenso beauftragt wie für die Instandhaltung von Industrieschornsteinen.
Bei dem Holzbalken handelt es sich um den sogenannten Kaiserstiel, der senkrecht aus der Kirchturmspitze heraus schaut und Kreuz samt Hahn trägt. Der Kaiserstiel ist auf fast allen Kirchen aus Holz und gibt bei Wind und Wetter etwas nach. „Offenbar hat es dort oben über längere Zeit hineingeregnet“, meint Stasing. „Wie es dazu kam, wird jetzt zu klären sein.“
Schwerer Sturm wütete über Stiepel
Mehrere Möglichkeiten zieht die Gemeinde in Betracht. Einerseits könnte der schwere Sturm, der vor eineinhalb Jahren über Stiepel wütete, für den Schaden verantwortlich sein. Seither hing die Spitze schwer auf halbmast, was die Gemeinde dazu veranlasste, die Sanierungsarbeiten in Auftrag zu geben.
Vorstellbar wäre auch, dass der Schaden schon älter ist. Zuletzt komplett restauriert wurde die Dorfkirche ab dem Jahr 1998. Die zunehmende Instabilität des Turms war damals der Anlass für dessen Sanierung. Dafür wurde der Turm aufwändig eingerüstet. Ob schon damals bei den Arbeiten etwas schief lief und die Feuchtigkeit seither dort eindrang? „Wir wissen es nicht, und das sind auch reine Spekulationen“, meint Stasing. „Von außen war jedenfalls nichts zu entdecken. Fakt ist: Seit dem Sturm stand die Spitze für jeden sichtbar schief.“
Ein Fall für die Versicherung
Zu klären ist nun, ob die Versicherung den Schaden weiterhin als reinen Sturmschaden einstuft und als solchen komplett trägt. Falls dies nicht der Fall ist, müsste die Gemeinde einiges an Eigenmitteln aufbringen, um den Schaden auf der Kirchturmspitze bezahlen zu können. „Falls dies tatsächlich der Fall sein sollte, dann müssen wir in der WAZ einen großen Spendenaufruf starten“, meint Stasing. „Aber erstmal glaube ich nicht daran.“ Für die Montage und die Reparatur des Kreuzes rechnet die Gemeinde mit Kosten von weit über 20.000 Euro.
Höhenkletterer gibt Entwarnung
Nach eingehender Inspektion gibt Höhenkletterer Gernot de Bruyn, Chef der Kasseler Firma „Seilkonzept“, Entwarnung. Gemeinsam mit zwei Mitarbeitern hat de Bruyn Ende April in 40 Metern Höhe das Kreuz und den Hahn abmontiert und restaurieren lassen. Jetzt sind die Fachleute erneut vor Ort. „Das ist kein signifikanter Flurschaden“, meint er. Betroffen von der Feuchtigkeit sei nicht der komplette Dachstuhl, sondern nur der obere Teil des Kaiserstiels. Diesen in Kürze zu ersetzen, dürfte laut de Bruyn kein größeres Problem sein.
Bleibt abzuwarten, ob die Versicherung diese Auffassung teilt.