Stiepel. . Nach schwerem Sturm stand die Spitze der Bochumer Kirche schief. Jetzt hat eine Spezialfirma die Montage übernommen – an Seilen hängend.

Frei von Furcht vor Schwindel und Höhe sollte sein, wer für die Firma „Seilkonzept“ aus Kassel arbeitet. Die Höhenkletterer haben sich darauf spezialisiert, Wartungs- und Reparaturarbeiten an nahezu allen Gebäuden gleich welcher Größe durchzuführen. Ihr Ziel erreichen sie dabei nicht bequem über ein Gerüst oder einen Kran, sondern akrobatisch und nahezu frei hängend mittels ausgeklügelter Seilzugtechnik.

Ihre jüngste Mission führt ein dreiköpfiges Team dieser Spezialfirma jetzt für zwei Tage zur Stiepeler Dorfkirche. Der Auftrag: die Kirchturmspitze, die aus einem Hahn und einem Kreuz besteht, wieder in aufrechte Position zu bringen. Denn seit einem schweren Sturm vor eineinhalb Jahren hängt die Spitze sichtbar auf Halbmast.

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Ein Fall für die Versicherung

Ob die Kirchturmspitze jemals vom Dach fallen würde, ist zwar unklar. „Aber uns war schon bewusst, dass wir handeln müssen“, sagt Pfarrer Jürgen Stasing, „zumal ein solcher Sturmschaden ein Fall für die Versicherung ist.“

Mehrere Möglichkeiten wurden durchgespielt: So hätte man das komplette Kirchengebäude einrüsten können. Oder man hätte mit einem riesigen Kran vom Parkplatz aus die Spitze erreichen können. „Alles sehr aufwändig und teuer“, meint Stasing. Gemeinsam mit der Versicherung entschied sich die Kirchengemeinde dazu, die Höhenkletterer von „Seilkonzept“ mit den Arbeiten zu betrauen. Kosten für die Montage und die Reparatur des Kreuzes: etwa 20.000 Euro.

Pfarrer Jürgen Stasing beobachtet die Arbeiten auf dem Kirchendach. Seit einem schweren Sturm sind Kreuz und Hahn leicht gebeugt.
Pfarrer Jürgen Stasing beobachtet die Arbeiten auf dem Kirchendach. Seit einem schweren Sturm sind Kreuz und Hahn leicht gebeugt. © Ingo Otto

Gelände ist weiträumig abgesperrt

Einige Stunden lang ist das Team in etwa 40 Metern Höhe an Seilen befestigt damit beschäftigt, das Kreuz auf dem Turm aus der Verankerung zu lösen und nach unten zu befördern. Weil dabei immer wieder kleinere Platten vom Dach fallen, ist das Gelände weiträumig abgesperrt. Gegen 17.30 Uhr sind Kreuz und Hahn unten angekommen: „So ganz aus der Nähe sehe ich das zum ersten Mal“, sagt Stasing. Jetzt werden Kreuz und Hahn von einem Schlosser gerichtet und in etwa zwei bis drei Wochen wieder oben auf die Spitze montiert.

Dorfkirche für die Arbeiter fast ein Spaziergang

Für Gernot de Bruyn, Chef von „Seilkonzept“, ist dies ein Auftrag wie viele andere. Die Verhüllung des Berliner Reichstags 1995 war eine seiner ersten Arbeiten. Ein paar Jahre später gründete er seine Firma.

Dorfkirche Stiepel

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    „Die Höhe ist für uns nicht entscheidend“, meint er. De Bruyn arbeitete bereits an Industrieschornsteinen (230 Meter) und an der Glasfassade der Hamburger Elbphilharmonie (110 Meter). Da sind 40 Meter Dorfkirche fast ein Spaziergang. „Aber die Kirche ist wirklich schön“, sagt er.