Bochum. 15.000 Bochumer leiden an chronischen Wunden. Für die ganzheitliche Therapie, Pflege und Behandlung gibt es jetzt eine Praxis am Stadionring.
Nach einem Kreuzbandriss und einer Thrombose will die klaffende Wunde an der Ferse des Hobbyfußballers nicht heilen. Eine Laufschiene lindert den Schmerz und verschafft Schonung. „Genau das Falsche“, diagnostiziert Carsten Hampel-Kalthoff und empfiehlt ein Thera-Band für Übungen daheim: „Der Fuß braucht Bewegung! Je mehr, desto besser.“ Sogleich blickt der 38-jährige Patient zuversichtlicher drein – in Bochums erstem „Pflege-Therapie-Stützpunkt für Menschen mit chronischen Wunden“.
Auf 15.000 schätzt Gesundheitsamtsleiter Dr. Ralf Winter die Zahl der Bochumer, die an Wunden leiden, die über Wochen, Monate, gar Jahre nicht heilen wollen. „Offene Beine“ sind nur ein Beispiel. Ursachen sind häufig Durchblutungsstörungen, Gefäßerkrankungen oder Diabetes, bei bettlägerigen Patienten oft auch ein Dekubitus. Übergewicht und Rauchen verschlechtern die Wundheilung zusätzlich. „Wegen der starken Schmerzen und auch wegen des üblen Geruchs der Wunde verlassen die Patienten vielfach die Wohnung nicht mehr. Zum körperlichen kommt so noch das seelische Leid“, sagt Carsten Hampel-Kalthoff.
Rundum-Betreuung von Spezialisten
2009, nach beruflichen Stationen u.a. im Knappschaftskrankenhaus Langendreer, machte sich der Fachkrankenpfleger selbstständig. Bei der Wundversorgung liege manches im Argen, hatte Hampel-Kalthoff beobachtet. Mit seiner „OrgaMed GmbH“ verwirklichte er seinen Plan: eine Rundum-Betreuung und Versorgung für Patienten, die vielfach eine Odyssee hinter sich haben und in einem Netzwerk von Spezialisten aufgefangen werden.
Überweisung ist nicht erforderlich
Die Behandlung im neuen Pflege-Therapie-Stützpunkt (ab August auch mit Physiotherapie) ist laut Geschäftsführung in der Regel eine Kassenleistung.
Eine ärztliche Überweisung ist nicht erforderlich. „Die Patienten können sich direkt bei uns melden. Wir erledigen dann alles weitere“, heißt es.
Kontakt: Stadionring 1, 0234/95 80 69 70, www.orgameddortmund.de
Zehn Jahre später werden im Pflege-Therapie-Stützpunkt von Hampel-Kalthoff am Knappschaftskrankenhaus Dortmund regelmäßig rund 80 Patienten behandelt. In Bochum eröffnete der 55-Jährige in dieser Woche seinen zweiten Standort: im neuen VBW-Quartier Küppersstraße/Stadionring, unweit des St.-Josef-Hospitals und der Augusta-Klinik und daher „optimal gelegen“. Denn die Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern bildet eine der Säulen. Getragen wird der Stützpunkt zudem durch die Verzahnung mit niedergelassenen Fachärzten, Pflegediensten und Therapeuten bis hin zu Orthopädietechnikern.
Schließen der Wunde ist das erste Ziel
Ganzheitlich sei die Betreuung, betont der Geschäftsführer. In Abstimmung mit den behandelnden Ärzten. An sieben Tagen pro Woche. Von der Diagnose bis zum Therapieplan. Vom Verbandswechsel bis Ernährungsberatung. Gemeinsames Ziel: „die Wunde zu schließen“, zumindest aber die Lebensqualität zu verbessern und eine vielfach drohende Amputation um jeden Preis zu verhindern.
Gesundheitsamtsleiter spricht von „Delle“
Gerade bei der ambulanten Versorgung chronischer Wunden gebe es bundesweit „eine Delle“, konstatiert Gesundheitsamtsleiter Ralf Winter. Die werde durch Stützpunkte wie OrgaMed zumindest teilweise geglättet. Prof. Markus Stücker, Chef des Venenzentrums des Katholischen Klinikums, ergänzt: „Die Behandlung chronischer Wunden ist nicht zuletzt unter dem enormen Kostendruck zu einer interprofessionellen Aufgabe geworden. Die hohe Expertise des Arztes ist ja durchaus nicht bei jedem Verbandswechsel erforderlich.“
Bei dem Hobby-Fußballer mit der Dauerwunde an der Ferse soll die Behandlung im neuen Zentrum bald Erfolge zeigen. Carsten Hampel-Kalthoff ist zuversichtlich: „Das kriegen wir hin.“