Bochum. Der Rat hat das Leitbild Mobilität für Bochum beschlossen. Es ist so etwas wie der Fahrplan für umweltfreundlichen Verkehr. Doch es gibt Kritik.

Mit großer Mehrheit hat der Rat Anfang des Monats für Bochum das „Leitbild Mobilität“ beschlossen.

Die rot-grüne Koalition hatte die von der Verwaltung erarbeitete Fassung in etlichen Punkten deutlich verschärft. Jetzt verpflichtet das Leitbild die Stadt bis zum Jahr 2030 zu einer komplett anderen Verkehrsplanung. Es ist der Abschied von der noch in den 90er Jahren propagierten „Autostadt Bochum “ und der Weg hin zu einem Umwelt- und klimafreundlichen Konzept. Gab es noch vor 20 Jahren bei solchen Vorstößen heftigen Widerstand, hält sich der nun in Grenzen. Die Fraktion aus UWG und Freien Bürgern im Stadtparlament kritisierte etwa die konkreter formulierte Leitbildfassung aus der Feder der Koalition.

Beispiele für die Mobilität der Zukunft

Im Kern beschreibt das Leitbild die Eckpunkte einer Mobilität der Zukunft. Wo heute noch das Auto mit einem Anteil von rund 56 Prozent das dominierende Verkehrsmittel in Bochum ist, soll das Verhältnis schrittweise umgekehrt werden. Bis 2023 ist eine etwa gleichberechtigte Aufteilung zwischen Auto und dem sogenannten Umweltverbund (ÖPNV, Rad, Fußgänger) gewollt. Bis 2030 soll der Anteil des motorisierten individuellen Verkehrs auf 40 Prozent sinken. Erreicht werden soll dieses Ziel, so steht es im Leitbild, durch konkrete Anreize aber auch durch gezielte Verkehrsplanung.

Mit Auswirkungen etwa für den Vorrang von Bussen und Bahnen: „2030 sollte der gesamte ÖPNV die Ampeln dieser Stadt auf grün schalten können und so bevorrechtigt durch die Stadt verkehren.“ Oder zum Stichwort Radverkehr: „Das heißt aber auch, dass für diese grundsätzliche Möglichkeiten zur Fahrradnutzung eine passende Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden muss, damit die Menschen auch tatsächlich umsteigen.“

Dies sind nur zwei Beispiele aus dem Leitbild. Dahinter steht eine komplexe und ständig erneuerte generelle Verkehrsplanung für die Stadt. Abteilungsleiterin Birgit Venzke erläutert: „Wir freuen uns, dass sich die Politik intensiv mit dem Thema befasst. Wir empfinden die jetzige Entscheidung als deutlichen Auftrag, den Umweltverbund zu stärken.“

Das wird für anstehende große innerstädtische Baumaßnahmen konkrete Auswirkungen haben. Die bislang noch höchst maroden sogenannten City-Radialen wie etwa Alleestraße, Castroper Straße und auch die Königsallee stehen schon in den nächsten Jahren zur Umgestaltung an. Hier denkt die Stadt auch über „radikale“ Lösungen nach. „Möglicherweise werden wir einzelne Komponenten für solche Straßen erst mit einem Verkehrsversuch testen“, sagt der städtische Verkehrsexperte Axel Geppert.

„Aus dem Leitbild ist ein Leidbild geworden“

Es solle mal etwas anderes ausprobiert werden, ohne Tabus. Denkbar sei eine Umweltspur, wie sie derzeit Düsseldorf testet. Eine separate Spur gibt dort unter anderem dem ÖPNV den Vorrang. Dabei soll das Auto nicht abgeschafft, sondern vielmehr durch intelligente Lösungen eingebunden werden. Es gehe um die generelle Mobilität und da spiele natürlich auch die Zeit eine große Rolle. Als Beispiel wird hier der zum Ende des Jahres verbesserte Takt bei Bussen und Bahnen genannt. Radabstellanlagen soll es künftig zudem an wesentlich mehr Orten geben, damit die Radfahrer ihre immer teurer werdenden Räder sicher parken können.

Dieses jetzt beschlossene Leitbild geht der Fraktion aus UWG und Freien Bürgern dann doch zu weit. „Zwang und Einschränkungen sind hier der völlig falsche Weg“, sagt Jens Lücking, verkehrspolitischer Sprecher. Ursprünglich sei es um einen Kompromiss gegangen. Nun habe sich aus dem Leitbild jedoch ein Leidbild entwickelt. Das Konzept sei „im grünen Sinne politisch instrumentalisiert worden“.