Bochum. Der Notstand rückt näher: In Bochum fehlt es vor allem an preiswerten Wohnungen. Wie die Stadt reagiert, war ein Thema des WAZ-Forums Politik.
Die Stadt bringt in Kürze ein kommunales Förderprogramm auf den Weg. Es soll Hauseigentümer ermuntern und unterstützen, ihre Gebäude zu renovieren und zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, kündigte Stadtbaurat Markus Bradtke beim WAZ-Forum Politik an. Mit wieviel Geld der Topf gefüllt wird, ließ Bradtke offen. „Das soll zunächst der Rat erfahren.“
Ist Bochum eine Wohnungsnot-Stadt? Darüber diskutierten am Donnerstagabend in der Volkshochschule Experten und Leser unter der Leitung von WAZ-Redaktionsleiter Thomas Schmitt. Tenor: Ganz so schlimm wie in Metropolen wie München, Hamburg oder Berlin ist es in unserer Stadt (noch) nicht. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen indes sei schon jetzt eklatant, warnte Michael Wenzel, Geschäftsführer des Mietervereins.
Der Notstand, er rückt näher.
Es sind die Versäumnisse der Vergangenheit, die den Wohnungsmarkt zunehmend in die Enge treiben. Einst gab es in Bochum über 50.000 Sozialwohnungen. 12.700 sind davon nach Ablauf der 30-jährigen Mietpreisbindung übrig geblieben. Nicht zuletzt der Zuzug Tausender Flüchtlinge ab 2014 verschärfte die Misere, ohne dass nennenswert Ersatz für weniger begüterte Mieter geschaffen wurde. Bochum wächst. Die Zahl preiswerter Behausungen schrumpft. Dies bei 30.000 Haushalten mit Transfer-Leistungen. Dies, obwohl jeder zweite Mieter Anspruch auf einen Berechtigungsschein hat. Hinzu kommt das weitgehende Scheitern des Wohnbaulandkonzepts, das Neubauten – zur Freude von Nachbarkommunen wie etwa Witten – eher verhinderte statt förderte.
Sozial-Quote statt guter Worte
Einen „angespannten Wohnungsmarkt“ konstatiert Baurat Bradtke – und verheißt Besserung. Jährlich 800 Bleiben sollen im Zuge des „Handlungskonzepts Wohnen“ entstehen – davon mindestens 200 Sozialwohnungen. Wer baut, muss die 20- bis 30-Prozent-Quote erfüllen. „Anders“, so Bradtke, „sind Investoren nicht zum sozialen Wohnungsbau zu bewegen. Mit guten Worten ist das nicht zu schaffen.“
Leser wartet seit 20 Jahren auf Genehmigung
Ein Leser kritisierte, dass er auf seinem Grundstück 20 neue Wohnungen bauen will, die Stadt aber seit 20 Jahren keine Genehmigung erteilt. Ernüchternde Antwort des Stadtbaurats: Es müsste für den Hausbau ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Das dauere bis zu drei Jahre. Dazu fehle es an Mitarbeitern. Bradtke: „Sie sind leider am Ende der Nahrungskette.“
So elementar zusätzliche Neubaugebiete (26 sind in Bochum ausgeguckt) sind: Es gilt, zugleich in den Bestand der knapp 200.000 Wohnungen zu investieren, etwa Dachgeschosse auszubauen oder Gebäude aufzustocken. Viele seiner 5000 Mitglieder seien dazu bereit, erklärte Jörg Ehrhardt, Vorsitzender des Haus- und Grundeigentümervereins Bochum. Doch dazu brauche es nicht nur Fördergelder, sondern vor allem die Beseitigung bürokratischer Hürden. Seine Forderung: Ein „Lotse“ nimmt den Bauherren alle Formalitäten ab.
Gute Idee, meint Markus Bradtke, gerade auch mit Blick auf das künftige Förderprogramm. Wäre da nicht der massive Personalmangel. Seine Mitarbeiter müssten sich hauptsächlich um Großprojekte kümmern. Für kleinere Bauvorhaben blieben kaum Ressourcen übrig. Licht am Horizont: Sechs zusätzliche Stellen sind beantragt.