Bochum. . Beleidigungen gehören für das Krankenhaus-Personal zum Alltag. Oft spielen dabei Alkohol und Drogen eine Rolle, immer wieder aber auch Ungeduld.

Geschrei, Pöbeleien, Handgreiflichkeiten – medizinisches Personal in Bochumer Krankenhäusern sieht sich immer wieder Patienten und Angehörigen gegenüber, die sich aggressiv verhalten. Die Vorfälle würden merklich zunehmen, berichten Betroffene.

Jessica Gorny, medizinische Fachangestellte im Katholischen Klinikum Bochum (KKB), kann sich noch gut an einen Nachtdienst erinnern, in dessen Verlauf sie sich mit der diensthabenden Ärztin in der Küche verschanzte: Ein alkoholisierter Patient hatte die Ärztin angegriffen und am Kragen gepackt. Als diese sich losreißen konnte, flüchteten die Frauen. Die Polizei sei schnell gekommen und habe den Mann mitgenommen, erzählt die 32-Jährige.

Patient wirft mit Gegenständen

Übergriffige oder randalierende Patienten gehören für das Krankenhauspersonal mittlerweile zum Alltag. Das bestätigt auch Assistenzarzt Jan Robert Westernströer, der ebenfalls im KKB arbeitet. „Es gibt viel verbale Gewalt, ob nun direkte Drohungen oder eine latente Aggressivität uns gegenüber.“ Die meisten Situationen könne man deeskalieren, so Westernströer, das Klinikum biete seinen Angestellten entsprechende Kurse an.

Doch manchmal komme man damit nicht weiter: „Dann rufen wir den Sicherheitsdienst“. Erst vor einigen Tagen sei eine junge Ärztin im Nachtdienst von einem Patienten wiederholt verbal angegangen worden, später habe der Mann das Personal mit Gegenständen beworfen.

Mitarbeiter sind verängstigt

Aus anderen Häusern ist ähnliches zu hören: Respektlosigkeiten und Beleidigungen gegenüber dem Personal kämen in der Notaufnahme fast täglich vor, so der Sprecher des Bergmannsheils, Robin Jopp. „Auch Bedrohungen gibt es mehrmals pro Monat und immer wieder leider auch tätliche Übergriffe.“

Nur wenige Vorfälle werden angezeigt

Nur wenige Vorfälle in und an Krankenhäusern werden auch zur Anzeige gebracht. So verzeichnet die Polizei Bochum für 2018 vier Fälle von Bedrohung, 12 von Beleidigung und 20 Körperverletzungen.

Im Vergleich zu den Vorjahren sind gemeldete Beleidigungen und Bedrohungen rückläufig, die Zahl der angezeigten Körperverletzungen hat zugenommen.

Der Ton sei insgesamt rauer geworden, sagt der Internist Han Paul Kliszat, der in der Zentralen Notaufnahme der Augusta-Kranken-Anstalt arbeitet. Vor allem das Pflegepersonal habe unter Beleidigungen bis hin zu Gewaltandrohungen zu leiden, Frauen tendenziell häufiger als Männer.

Hans-Peter Jochum, Geschäftsführer des Knappschaftskrankenhauses, hat durch den Betriebsrat von einer „zunehmenden Verängstigung bei Mitarbeitern“ erfahren.

Alkohol, Drogen, Ungeduld

Bei vielen Vorfällen spielen Drogen und Alkohol eine Rolle, manchmal psychiatrische Erkrankungen, immer wieder aber auch schlicht Ungeduld und Unverständnis. So würden einige Eltern nicht akzeptieren, wenn ein anderes Kind zuerst behandelt werde, sagt Sabrina Gust, Bereichsleiterin Pflege in der Kinderklinik des KKB. „Aber wir müssen entscheiden, welches Kind ein medizinischer Notfall ist, und welches nicht.“ Ähnlich stellt sich die Situation im Knappschaftskrankenhaus dar: „Wir behandeln nach Dringlichkeit“, sagt Hans-Peter Jochum. Die zu beurteilen, sei Sache des Fachpersonals.

Viele Vorfälle würden weder zur Anzeige gebracht noch offiziell gemeldet, so Jan Robert Westernströer. „Man geht darüber hinweg, hat sich daran gewöhnt.“

Es mache ihn manchmal traurig, sagt Kliszat, was man sich alles anhören müsse. „Wir wollen helfen, arbeiten den ganzen Tag am Limit, da brauchen wir nun wirklich nicht auch noch Beleidigungen.“