Bochum. . Seit Januar ist Jörg Klingenberg Leiter des Bochumer Jugendamtes. Nachfolger von Dolf Mehring setzt auf Kontinuität und motivierte Mitarbeiter.

Seit Januar leitet Jörg Klingenberg das Jugendamt mit gut 730 Mitarbeitern. Dass er als neuer Chef den „Laden von links nach rechts dreht“, betont er, müsse aber niemand befürchten. Der 63-Jährige ist seit fast 35 Jahren im Bochumer Jugendamt tätig. So war er Leiter des Jugendzentrums Steinkuhl, hat den Spielbus gefahren, zudem 17 Jahre die Kindertagesbetreuung in der Stadt als Abteilungsleiter verantwortet. Zuletzt hat er das Jugendamt als Stellvertreter seines Vorgängers Dolf Mehring mitgeführt.

Im Chefsessel will er nun vor allem für Kontinuität stehen. „Das Jugendamt hat eine gute Grundlage, auf der wir aufbauen und die wir erhalten müssen.“ So gehe es ihm darum, gute Strukturen zu bewahren und weiterhin vorhandenes Wissen weiterzuvermitteln. Denn nicht nur er wird sich in rund zwei Jahren in den Ruhestand verabschieden, so gebe es in diesem „Riesenamt“ sowie in der übrigen Stadtverwaltung einige Babyboomer wie ihn, die altersbedingt ausscheiden werden und einen „großen Personalwandel“ notwendig machen.

Kinderschutz steht über allem

Alle seine Mitarbeiter beherzigten allerdings einen Grundsatz: „Der Kinderschutz steht über allem.“ Der beginnt bereits bei präventiven Hilfen. Diese müssten möglichst früh angeboten werden, „damit es nicht zu einer Eskalation kommt“.

Dies ist keine neue Herausforderung. Allerdings verlangt Klingenberg von seinen Mitarbeitern, dass sie den gesellschaftlichen Wandel begleiten und nicht müde werden, bestehende Arbeitsschwerpunkte und -abläufe zu hinterfragen und notfalls anzupassen. „Die Familienstruktur hat sich, zum Beispiel, komplett geändert.“

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei gleichzeitiger Kinderbetreuung sei vor gut zehn Jahren noch nicht ein so großes Thema gewesen. Statt damals 150 Tagesmütter gebe es jetzt 600 in Bochum.

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Eine große Aufgabe für das Jugendamt ist und bleibt die Kinderbetreuung. Sie muss aufgrund des Rechtsanspruchs und Zuzugs ausgebaut werden. „Wir sind sehr gut aufgestellt.“ Davon ist Jörg Klingenberg überzeugt. Die Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren sei von 32 Prozent bereits auf 40 Prozent gestiegen und soll in den nächsten Jahren bis zu 50 Prozent ausgebaut werden. Dabei sollen etwa 45 Baumaßnahmen allein bei den Kindertagesstätten helfen, mit denen die Stadt bis zum Jahr 2022 insgesamt 1000 neue Plätze schaffen will. „Die werden alle gebraucht“, sagt Klingenberg.

Der Ruf der Behörde soll besser werden

Ein anderes Anliegen ist dem neuen Chef, den „fälschlich schlechten Ruf“ seiner Behörde zu verbessern. Denn viele würden das Jugendamt damit assoziieren, dass seine Mitarbeiter Eltern die Kinder wegnehmen. Zwar gehören Inobhutnahmen und Heimunterbringungen zu den Aufgaben des Sozialen Dienstes, der damit das Kindeswohl sicherstellen will. Doch er leiste noch viel mehr. Zu seinen Kernaufgaben gehören, wie Klingenberg ausführt, vor allem zahlreiche Hilfestellungen für Familien.

Gerade die Anlaufstelle für Eltern, die es seit circa zweieinhalb Jahren gibt, werde gut angenommen. „Die ersten Erfolge sind einfach klasse“, sagt Jörg Klingenberg. Seine Mitarbeiter unterstützen Eltern dort beispielsweise dabei, mit Schulden fertig zu werden oder Anträge fürs Bildungs- und Teilhabepaket auszufüllen, damit auch Kinder aus armen Familien einen Sportverein oder die Musikschule besuchen können.

Freude über das neue Soziale Zentrum in Weitmar

„Ich bin stolz auf unser breites Portfolio“, sagt der neue Jugendamtsleiter bilanzierend. Jedoch freut er sich besonders über das neue Soziale Zentrum in Weitmar, in dem eine Kita, die Erziehungsberatungsstelle, eine Familienbildungsstätte und die Sozialen Dienste unter einem Dach zusammenkommen. Dies sei ein schöner Erfolg, weil dadurch das Jugendamt noch wesentlich besser im Bezirk wirken könne.

Ausruhen will er sich darauf aber nicht. „Probleme hat es in Bochum immer gegeben und wird es immer geben“, räumt Jörg Klingenberg ein. Doch das Jugendamt sei bereit, aktuelle und künftige Herausforderungen anzugehen – und das mit ihm als neuen Chef mit einem guten Umgang untereinander.