Bochum. Der Paritätische hat Gäste zum traditionellen Graupeneintopf – dem „Blaue Heinrich“ – eingeladen. Danach ging es um das Thema Sozialrendite.

Ist der soziale Bereich ein Fass ohne Boden, in dem staatliche Zuschüsse und Steuergelder spurlos verschwinden? So leiten Rochus Wellenbrock und Angela Siebold, Vorstandsvorsitzende der Kreisgruppen Herne und Bochum des Paritätischen, den Abend im Kunstmuseum ein. Das diesjährige Thema des Neujahresempfang lautet: „Wir sind unser Geld wert! Transparenz schaffen durch Sozialrendite“.

Für Angela Siebold ist es der erste „Blaue Heinrich“ als Vorstandsvorsitzende. Nach mehr als 26 Jahren an der Spitze des Paritätischen Wohlfahrtsvereines hat Bettina Eickhoff ihr Amt als Kreisgruppenvorsitzende abgelegt – einstimmig entschieden sich die Mitglieder für ihre langjährige Stellvertreterin Siebold.

Soziales Leben in Bochum beeinflusst und verbessert

Oberbürgermeister Thomas Eiskirch findet nur gute Worte über die Zusammenarbeit mit Eickhoff, die an diesem Abend nicht dabei sein kann: „Sie hat an vielen Stellen das soziale Leben in Bochum beeinflusst und verbessert. Und sie wird auch weiterhin Großes leisten“. Nun freue er sich auf die Zusammenarbeit mit Siebold.

Eiskirch betont, dass es stets wichtig sei, im Blick zu haben, dass man einen Nutzen nicht nur in Euros messen könne. „Im sozialen Bereich arbeiten die Menschen oft aus ganz anderen Beweggründen als in der Wirtschaft. Der Erfolg der Sozialarbeiter ist nicht nur am Geld festzumachen, sondern auch am gesellschaftlichen Nutzen“. Zum Schluss seiner Rede zitiert er Herbert Grönemeyer: „Hier wo das Herz noch zählt und nicht das große Geld“.

Analyse, die finanzielle und auch soziale Wirkung misst

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Professor Stefan Sell, heute vor allem tätig an der Hochschule Koblenz, früher Student im Bereich der Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität, stellt die sogenannte SROI-Analyse vor. Diese bewertet und misst den gesellschaftlichen Mehrwert, welcher durch soziale Organisationen oder Projekte entsteht. Neben finanziellen werden explizit auch die sozialen, kulturellen, politischen, ökologischen Wirkungen diverser Aktivitäten erfasst und in Geldeinheiten übersetzt. „Kritiker sehen hier natürlich eine Gefahr der Ökonomisierung des Sozialen“, so Sell. „Das Format hat aber auch Charme: Auf einmal für seine Arbeit anerkannt zu werden von denen, die die Macht haben. Und das sind nun mal die Ökonomen“.

In einer Studie hat Sell herausgefunden, dass der größte volkswirtschaftliche Hauptnutzen bei den Sozialversicherungsträgern liegt. Seine zentrale Schlussfolgerung lautet daher, dass Investitionen in diesem Bereich überaus sinnvoll sind. Für die Obdachlosenhilfe gelte das allerdings nicht: „Ökonomisch ist das ein Schuss ins Knie. Obdachlose Menschen bleiben dies meist ihr Leben lang, es ändert sich also nichts. Aber politisch gesehen ist es natürlich sinnvoll, zu helfen“.

Menschen im Blick halten, die es schwerer haben

Eiskirch spricht in Bezug auf dieses Thema von einer „gesellschaftlichen, emotionalen Sozialerendite“ und verweist auf das neu eröffnete Fliedner-Haus für obdachlose Frauen und Männer: „Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Würde und den Respekt vor Menschen, ist es wichtig, die im Blick zu haben, die es schwerer haben“.

Den musikalischen, nicht weniger emotionalen Beitrag leistet an diesem Abend ein Ensemble aus dem Theater Total unter der künstlerischen Leitung von Barbara Wohlrath-Kramer.