Bochum. Zehn Minuten haben Bochumer Arbeitslose Zeit, Unternehmer beim „Job-Speed-Dating“ zu überzeugen. Dann ertönt der „Gong“ – der nächste ist dran.
Ein lauter Gong tönt durch den VIP-Bereich des Ruhrstadions. Nina Oder hat gerade ihr Gespräch beendet, zehn Minuten hatte sie dafür Zeit. „Heute morgen war ich echt nervös“, sagt die 28-Jährige. Sie ist seit sechs Jahren arbeitslos und nun eine von fast 400 Teilnehmern beim sogenannten „Job-Speed-Dating“. Eine Veranstaltung von Jobcenter und Tüv Nord, die Unternehmen und Arbeitssuchende zusammenbringen wollen. Auf unkonventionelle Art – in Unterhaltungen, die genau zehn Minuten dauern.
60 Unternehmen sind vertreten
Sieben Gesprächspartner später ist die Nervosität bei Nina Oder sichtbar verflogen. „Es war alles absolut auf Augenhöhe. Das habe ich schon oft anders erlebt, wenn die Leute wussten, dass ich vom Jobcenter vermittelt wurde“, sagt die junge Frau, die ursprünglich in der Pflege gearbeitet hat. Ein Job, den die zweifache Mutter wegen des Schichtdienstes nicht mehr machen kann. Deshalb hat sie sich heute bei anderen Arbeitgebern vorgestellt. 60 Unternehmen, fast alle mit Arbeitsplätzen in Bochum, standen zur Wahl. Nina Oder hat sich für den sozialen Bereich und Call Center entschieden.
Auch mit Axel Killing hatte sie ein Speed-Dating. Das achte. Der Geschäftsmann hat einen Sicherheitsdienst, gleichzeitig ist er Inhaber einer Firma für Tatortreinigung sowie einer Detektei. Ganze 16 Jobs hat Axel Killing an diesem Tag zu vergeben. Theoretisch. Drei Vorstellungsgespräche hat der Geschäftsführer bis zum Mittag vereinbart und ist damit recht zufrieden: „Obwohl ich auf noch mehr hoffe.“ Aber was sind die wichtigen Voraussetzungen der potenziellen neuen Mitarbeiter? „Zuverlässigkeit. Und ein guter Magen“, sagt Killing schmunzelnd in Anspielung auf den Beruf Tatortreiniger – bei dem er es mit Leichenfunden oder Messies zutun hat.
Gute Erfahrungen in anderen Städten
Roland Bröge, stellvertretender Geschäftsführer des Jobcenters Bochum, ergänzt: „Beim Gespräch müssen die persönlichen Eigenschaften stimmen. Das Fachliche kann auch später beigebracht werden.“ Er hofft, dass durch das Speed-Dating 30 Prozent der Teilnehmer einen neuen Arbeitsplatz finden. Das seien Erfahrungswerte, die Jobcenter in anderen Städten gemacht hätten.
Vor dem eigentlichen Speed-Dating haben die Arbeitslosen seit Oktober an Vorbereitungskursen durch den Tüv Nord teilgenommen. Der verschaffte sich bereits im Vorfeld einen Überblick, welcher Bewerber zu welchem Unternehmen passt. Hermann Oecking, Geschäftsführer vom Tüv Nord Bildung, erklärt: „So hat heute jeder fünf feste Termine und zwischendurch Luft für andere Gespräche.“
Nach vier Stunden Speed-Dating kam Bassam Ashji so auf sieben Gespräche, mit dem Wohnungsunternehmen Vonovia oder dem Automobilhändler Tiemeyer. „Damit bin ich sehr zufrieden“, resümiert der 44-Jährige. Er kommt aus Syrien, lebt seit fast vier Jahren in Deutschland, in Linden. In seinem Heimatland hat er 13 Jahre als Bänker gearbeitet und in Bochum bereits ein Praktikum als Buchhalter gemacht. Nun hofft er auf eine feste Anstellung. Damit ist er einer von rund 35 Flüchtlingen, die an der Veranstaltung teilnehmen. Eine Zielgruppe an die sich das Jobcenter bewusst gerichtet habe, sagt Andrea Backhaus vom Vermittlungsservice des Jobcenters: „Das Speed-Dating lebt von viel Wertschätzung.“
Nach sechs Jahren Arbeitslosigkeit hat Nina Oder nun fünf Bewerbungsgespräche – die Chancen stehen gut. Doch auch wenn sie zu den anderen, mutmaßlich 70 Prozent, gehört, bei denen es doch nicht geklappt hat. Sie nimmt viel mit: „Ich bin jetzt viel selbstbewusster und kenne meine Stärken, nicht nur meine Schwächen.
>>> Weitere „Speed-Datings“ in Bochum folgen
Schon seit sechs Jahren organisiert der Tüv Nord die „Job-Speed-Datings“ in NRW gemeinsam mit den jeweiligen Job-Centern. Nach dem Auftakttermin in Bochum am Dienstag folgen in diesem Jahr weitere am 15. Mai und im Herbst.
Die Veranstaltung richten sich an Arbeitslose. Sie ist keine Plattform für Ausbildungs-Suchende.