Bochum. . Beim Tag der Trinkhallen haben zwölf Bochumer Büdchen mitgemacht. Frank Goosen las in Wattenscheid, in Linden gab’s Bütterken und Cocktails.
Pinke Luftballons soweit das Auge reicht, dazu laute Musik, eine Tüte mit Süßigkeiten in der Hand und ein kühles Bierchen zum Anstoßen. Nein, Geburtstag hatte niemand. Am Samstag wurde der ruhrgebietsweite „Tag der Trinkhallen“ gefeiert, organisiert von der Ruhr Tourismus GmbH – eine Hommage an die Büdchen-Kultur.
Zwölf Bochumer Trinkhallen nahmen teil, um gemeinsam mit Stammkunden und neuen Gesichtern in Erinnerungen zu schwelgen. „Ich bin schon als Kind hergekommen, um mir nach dem Schwimmtraining Chips zu kaufen“, erzählt Antje Reusch, die gemeinsam mit Jörg Kolofka „Antje und Jörg’s Büdchen“ in Wattenscheid betreibt und mit ihrer Trinkhalle bereits zum zweiten Mal an der Veranstaltung teilnimmt.
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Kiosk ist zum Treffpunkt geworden
„Früher haben die Supermärkte schon früh geschlossen, dann sind alle zur Bude gelaufen, um etwas zu besorgen. Heute ist der Kiosk zum Treffpunkt geworden, hier kommen alle zusammen.“ Rentner, die ein nettes Gespräch und ein Bier suchen; Mütter, die sich auf einen Kaffee treffen, nachdem sie ihre Kinder zur Schule gebracht haben.
Am Samstag kamen jedoch Menschen aus der ganzen Stadt an den Kiosk an der Lohackerstraße, wo man sich ganz dem Fußball widmete: Etwa 130 Gäste versammelten sich um das kleine Häuschen, als Schriftsteller Frank Goosen Fußball-Geschichten vorlas, gefolgt von Autor Ben Redelings, der die ein oder andere Anekdote über Peter Neururer und Thorsten Legat auspackte.
Bütterken und Cocktails
Etwas lauter ging es ein paar Kilometer weiter zu: Das „Lindener Büdchen“ stand unter dem Motto „Gemischte Tüte“, ein Programm, das DJ Polar alias David Neumann und Graffiti-Künstler Jascha Neumann gemeinsam gestalteten. Gemischt war auch das kulinarische Angebot – zu „Bütterken“ und Erbseneintopf gab es Cocktails. Eine Idee des Gastronomen Refik Gülcu, der die Trinkhalle an der Hattingerstraße erst vor anderthalb Jahren übernahm und heute zusammen mit Freund und Mutter betreibt.
„Ich hatte erst Angst, hier heute mit dem DJ alleine zu stehen“, sagt der 41-Jährige, der zum ersten Mal mitgemacht hat. „Aber die Angst war umsonst, das Büdchen ist voll. Es sind sogar Gäste aus Hattingen und Essen hier.“
Auch Nachbarn, die nur mal eben Besorgungen machen wollten, verweilten einen Moment, um einen Cocktail zu trinken und zur Funk-Musik mitzuwippen. Für die Betreiber ein voller Erfolg. „Wir wären nächstes Jahr ohne zu überlegen wieder dabei“, so Refik Gülcü.
Das Menschliche, nicht der Profit
Schon jetzt habe er erkannt, dass bei der Büdchen-Kultur nicht um Profit, sondern um das Menschliche gehe. Er sehe sich als „Laien-Therapeut“: „Ich höre hier jeden Tag so viele Geschichten und Schicksale, da muss man auch mal bereit sein, dass Verkaufsfenster etwas länger aufzuhaben.“
Dem kann auch Jörg Kolofka von „Antje und Jörg’s Büdchen“ zustimmen. Sein Erfolgsrezept: „Mit Herz dabei sein und ein offenes Ohr für die Kunden haben. Dann bleiben die Büdchen auch noch in den nächsten 50 Jahren bestehen.“