Bochum. . Zwei Bochumer Cafébetreiber nehmen am Programm „Suspended Coffee“ teil. Dabei bezahlen Gäste zusätzliche Getränke, die dann gespendet werden.
Wer bei Silvia Basha mal einen Kaffee trinkt, wird schnell und umstandslos in den Kreis der Stammkundschaft aufgenommen. Viele Gäste kennt die Chefin beim Vornamen, immerzu winkt sie jemandem, lässt Grüße ausrichten und verspricht: „Nächstes Mal unterhalten wir uns wieder!“
Die meisten, die einmal im „Caffèlito“ an der Massenbergstraße waren, kommen wieder. So auch zwei Männer, „mit denen es das Leben nicht gut gemeint hat“, wie Silvia Basha sagt. Ein „älterer Herr“ und ein etwas jüngerer. Beide leben auf der Straße, haben eigentlich kein Geld, um ein Café zu besuchen. Trotzdem sind sie regelmäßig dort. So regelmäßig, dass sich Silvia Bashas Mitarbeiterin Sorgen macht, wenn sie mal nicht erscheinen.
Zwei Obdachlose kommen regelmäßig ins Café
Dass diese beiden Männer ohne Geld und auch noch ein paar andere in den Genuss ihres frischen Kaffees kommen, verdanken sie dem Programm „Suspended Coffee“. Ein herzförmiges Schild auf dem Tresen erklärt die Idee: „Bezahle für zwei und spendiere einen!“ ist dort zu lesen. Viele Gäste bezahlen also ein Getränk mehr, als sie tatsächlich verzehren – diesen „aufgeschobenen“ Kaffee bekommt ein bedürftiger Mensch, zum Beispiel ein Obdachloser. Mit den Stempelkarten, die Silvia Basha ausgibt, funktioniert es ganz ähnlich: Ist die Karte voll, trinken manche den Gratis-Kaffee nicht selbst, sondern spenden ihn.
Deutschlandweit sind derzeit 310 Betriebe bei „Suspended Coffee“ registriert. In Bochum schenkt neben Silvia Basha auch Markus Buscher „aufgeschobenen“ Kaffee aus. Der 48-Jährige betreibt ein mobiles „Coffee-Bike“ und den Kiosk „Al’s Dorado“ am Kemnader See. Während die Mitarbeiter des Caffèlito auch schon mal die vollen Stempelkarten an die Obdachlosen am Bahnhof verteilen, damit diese den Anspruch auf ihren Gratiskaffee quasi in der Tasche haben und nicht erst beschämt danach fragen müssen, guckt sich Markus Buscher Menschen aus, denen er – ungefragt – etwas gratis gibt.
Betroffene behalten ihre Würde
Obdachlose würden an seinem Kiosk eher nicht auftauchen, erzählt er; wohl aber alleinerziehende Mütter mit Kindern, von denen es viele auch nicht leicht hätten. „Man bekommt das mit, wenn die Mama nicht mal eben das Portemonnaie zücken und für ihre Kinder etwas kaufen kann“, sagt Buscher. In einem solchen Fall mache er dann aber auch kein Aufhebens um die Sache. Niemand müsse das mitbekommen, „so behalten die Betroffenen auch ihre Würde“.
Etwa 60 bis 80 Gratis-Getränke verteile er pro Jahr auf diese Weise, sagt Buscher. Werbung dafür macht er kaum. Ab und zu spreche er gezielt Stammkunden an, die „das nötige Kleingeld“ haben. So aber sei, das gibt er offen zu, der Bedarf an gespendetem Kaffee (oder Kakao für die Kinder) größer als das Angebot. „Vielleicht hänge ich mal ein Plakat auf, um die Leute wieder auf die Sache aufmerksam zu machen“, überlegt er.
Das Programm gibt es nicht nur in Deutschland
Bei Silvia Basha ist die Spendendose, die neben Plätzchengläsern auf dem Tresen steht, immer gut gefüllt. „Wir haben manchmal eher das Problem, den Kaffee auch zu verteilen“, sagt die Chefin. Die gebürtige Kroatin kennt die Idee des „aufgeschobenen Kaffees“ aus Italien, wo das Ganze sehr gut funktioniere, wie sie sagt. In Deutschland tue man sich mit derartigen Aktionen etwas schwerer – so zumindest ihr Eindruck. „Sicher würden auch andere Cafébetreiber so etwas anbieten, wenn sie davon wüssten.“
- Eine Liste der teilnehmenden Betriebe gibt es im Internet auf: www.suspendedcoffee.de