Bochum. . Herbert Fritsch bringt „Die Philosophie im Boudoir“ im Bochumer Schauspielhaus auf die Bühne. Dem provokanten Werk will er mit Eleganz begegnen.

An die opulenten Werke des französischen Schriftstellers Marquis de Sade (1740-1814) denken nicht wenige Literaturfans mit einigem Schrecken. Denn die Texte des berüchtigten Autors gelten als Inbegriff des Schweinkrams, seine oft expliziten Darstellungen von Sex und Sadismus sind so umstritten wie legendär und landeten teilweise sogar auf dem Index. Die größten Bücher schrieb de Sade in Haft.

Neben „Die 120 Tage von Sodom“ und „Justine – Juliette“ eilt auch dem ungleich schmaleren „Die Philosophie im Boudoir“ der Ruf des grob Provokanten voraus. Ins Theater gebracht wurde es bislang höchstens als szenische Lesung – bis heute: Regisseur Herbert Fritsch ist nach dem riesigen Erfolg mit „Murmel, Murmel“ mutig genug, de Sade fit für die Bühne zu machen. Ob es gelingen wird?

Nach dem riesigen Erfolg mit „Murmel, Murmel“ ist Regisseur Herbert Fritsch erneut am Schauspielhaus aktiv.
Nach dem riesigen Erfolg mit „Murmel, Murmel“ ist Regisseur Herbert Fritsch erneut am Schauspielhaus aktiv. © Gerd Wallhorn

Amüsement trifft Verzweiflung

„Auf den Proben schwanken wir gerade zwischen Begeisterung, Amüsement und schierer Verzweiflung“, sagt er. „Das kann voll daneben gehen, doch in meinen Arbeiten suche ich immer ein gewisses Risiko.“ Wichtig für empfindsame Theatergänger: Die im Roman beschriebenen Orgien und die Sadomaso-Auswüchse 1:1 auf der Bühne abzubilden, interessiert Fritsch überhaupt nicht. „Das zu zeigen, wäre eine Katastrophe.“

Mit Eleganz und Humor

Vielmehr will Fritsch dem Text „mit Eleganz, Humor und sehr spielerisch“ begegnen und vertraut dabei ganz auf die Stärke von de Sades Sprache. „Was dort gesagt wird, das ist schon heftig“, meint Fritsch. „Aber es ist gleichermaßen so übertrieben, dass es fast schon wieder komisch ist. Nicht umsonst halten viele große Denker de Sade für einen Humoristen.“

Eine Art Geschichte wird in „Die Philosophie im Boudoir“ auch erzählt, doch sie ist schnell zusammengefasst: Im Kern geht es um eine Gruppe Adeliger, die die junge Eugénie in die Welt der Sexualität und des Verbrechens einführt. Dramaturg Vasco Boenisch hat aus dem „Erziehungsroman“, der aus sieben Dialogen besteht, eine Bühnenfassung gestrickt.

Wann wird im Theater wieder gemurmelt?

„Murmel Murmel“ feiert am Schauspielhaus große Erfolge. Am 29. Dezember ist die vorerst letzte Vorstellung zu sehen, die bereits ausverkauft ist.

Und dann? „Im Januar und Februar können wir das Stück leider nicht zeigen“, sagt Vasco Boenisch. „Aber wir arbeiten an den März-Terminen.“

Prächtige Bühne, ausgefallene Kostüme

Die Zuschauer dürfen sich auf ein prächtiges Bühnenbild mit vielen ausgefallenen Kostümen freuen. Das Ensemble, das aus sechs Frauen und einem Mann besteht, teilt sich sämtliche Rollen. Mit dabei ist auch die Akrobatin Julia Myllykangas, die die Aufführung in luftiger Höhe an ihren Haaren baumelnd begleiten wird. „Hair hanging“ nennt sich das.

Für Fritsch ist der Abend auch eine Art Rückkehr: Während der Intendanz von Leander Haußmann spielte er 1997 den Marquis de Sade im Schauspielhaus in der Regie von Frank Castorf.

Dauer: ca. zwei Stunden. Premiere am Samstag, 22. Dezember, im Schauspielhaus. Wieder 23., 27. und 31. Dezember. Karten: 0234 / 33 33 55 55.