Bochum. Eine junge Frau sucht erfolglos eine Arbeit. Sie hat zwar Fachwissen und ein hervorragendes Gedächtnis, doch viele Arbeitgeber sind unsicher.

Maren Schermuly ist eine Frau, die feste Strukturen mag. Überraschungen sind nichts für sie – sie will vorher wissen, was sie erwartet. Auch deshalb zieht sie die eigenen Butterbrote jedem Kantinenessen vor, arbeitet lieber mit Gegenständen als mit Menschen und telefoniert nicht gern. Maren Schermuly ist ein Mensch, der wenig spricht, aber viel wahrnimmt. Ganz automatisch merkt sie sich Dinge, die andere sofort wieder vergessen: Einmal gelesene Telefonnummern bleiben ihr im Gedächtnis; Veränderungen in einem Raum fallen ihr sofort auf – auch wenn sie nur einmal zuvor dort gewesen ist.

Maren Schermuly ist Autistin und sie sucht einen Job. Was, wie nicht nur ihre persönliche Geschichte, sondern auch die Statistik der Arbeitsagentur belegt, nicht einfach ist. Denn während die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen in Bochum in den vergangenen Jahren insgesamt zurückgegangen ist, um 8,84 Prozent seit 2014, ist sie in der Gruppe der Menschen mit Schwerbehinderung um 6,04 Prozent gestiegen.

Viele Arbeitgeber sind unsicher

Viele Arbeitgeber seien unsicher im Umgang mit behinderten oder psychisch erkrankten Menschen, sagt Andreas Pauls vom „Netzwerk Arbeit & Inklusion“. Mit einer körperlichen Behinderung könnten einige Menschen noch besser umgehen, ergänzt Pauls Kollege Hasan Oktay, „bei Dingen wie Autismus wird es schon deutlich schwieriger. Wenn sich jemand anfangs zurückzieht, weil er mit den neuen Reizen erst einmal zurechtkommen muss, wirkt er auf viele fachlich überfordert“. Deshalb unterstützen die beiden Inklusionskoordinatoren Maren Schermuly bei ihrer Suche.

Die junge Frau hat eine Ausbildung zur Fachinformatikerin für Systemintegration gemacht. „Mein Schwerpunkt ist Hardware“, erklärt sie. „Man kann etwas austauschen, reparieren – und man muss nicht sprechen.“ Ein zaghaftes Lachen.

Mit einem Vollzeitjob soll es weitergehen

Die 28-Jährige wirkt deutlich jünger als sie ist: klein und zierlich und dennoch, wie ihre Mutter Margret betont, sei sie „kein Sensibelchen“. „Sie ist gefestigter als andere in ihrem Alter – sie bekommt nur keine Chance, das zu zeigen.“ Dabei sei doch die Inklusion in den Schulen immer wieder Thema, „nur wird nie thematisiert, wie es nach der Schule weitergeht“.

Für Maren Schermuly jedenfalls soll es mit einem Vollzeitjob weitergehen. Noch wohnt die junge Frau zu Hause, lernt für ihren Führerschein, schmeißt den Haushalt und unterstützt ihre beiden Omas, wenn die mal Hilfe brauchen. Doch sie will mehr.

Hilfe von Inklusionskoordinatoren

Gemeinsam mit ihrer Mutter hat sie vor einigen Wochen eine Anzeige in der Zeitung aufgegeben, auf dass sich vielleicht ein „Chancengeber“ finde. Zwei Rückmeldungen hat sie bislang erhalten, ein Vorstellungsgespräch hat bereits stattgefunden, ein weiteres hat sie in Aussicht.

Wie ihr perfekter Arbeitsplatz aussehen müsste? Besonders anspruchsvoll ist sie da gar nicht, würde auch Jobs in anderen Bereichen als ihrem gelernten Beruf machen. Wichtig seien lediglich ein fester Ansprechpartner und klare Anweisungen, so präzise und knapp wie möglich, kein „eventuell“, kein „vielleicht“. Außerdem braucht sie die Möglichkeit, sich zurückzuziehen, für sich allein zu arbeiten.

„Sobald sie weiß, was sie zu tun hat, wird sie ihre Aufgaben erstklassig erfüllen“, sagt Andreas Pauls.

>> NETZWERK BERÄT AUCH ARBEITGEBER

Das „Netzwerk Arbeit & Inklusion Mittleres Ruhrgebiet“ ist Ansprechpartner sowohl für Arbeitnehmer mit Behinderungen als auch für deren potenzielle Arbeitgeber.

Andreas Pauls (pauls@diakonie-ruhr.de) und Hasan Oktay (oktay@diakonie-ruhr.de) beraten Interessenten kostenlos und informieren beispielsweise über Fördermöglichkeiten.

Weitere Informationen auf der Internetseite
arbeit-inklusion-ruhr.de oder unter 0234/ 64 08 30 95.