Bochum. Im Betrugsprozess gegen den ehemaligen Vorsitzenden des Vereins „bekid“ sagten drei Spender aus. Sie beteuern: „Wir dachten, wir tun was Gutes.“
„Man hat gedacht, man tut was Gutes.“ Der Maurer, der am Freitag für eine Zeugenaussage aus Thüringen nach Bochum gereist war, wirkt zerknirscht. Der 30-Jährige zählt zu den mutmaßlich Tausenden Spendern, die jahrelang Geld für den Verein „bekid – Behinderte Kinder in Deutschland e.V.“ überwiesen haben. Dessen ehemaliger Vorsitzender, ein 51-jähriger Bochumer, muss sich seit Ende Oktober vor dem Landgericht verantworten. Er soll 315.000 Euro Spendengelder veruntreut haben.
Zwar hat der Angeklagte erst für die nächste Verhandlung am 27. November eine Erklärung angekündigt. Wie berichtet, soll er mit den veruntreuten Spenden einen ausschweifenden Lebensstil u.a. mit 180-Quadratmeter-Penthouse, teuren Uhren und Autos finanziert haben. Die Aussagen von drei Zeugen, allesamt aus Ostdeutschland, lieferten am Freitag aber Einblicke in die Arbeitsweise des Vereins.
Was die Verbraucherzentrale bei Spendenwerbern an der Haustür rät
Fühlen Sie sich nicht zum Spenden verpflichtet, nur weil jemand vor Ihrer Tür steht. Wenn Sie sich unter Druck gesetzt fühlen, sagen Sie lieber „Nein“.
Wollen Sie die Organisation tatsächlich unterstützen, lassen Sie sich auf jeden Fall den Spendenausweis zeigen (wird vom zuständigen Ordnungsamt ausgestellt). Achten Sie darauf, dass die Spendenbüchse verplombt ist.
Vorsicht: Häufig werden sogenannte Fördermitgliedschaften angeboten. Damit binden Sie sich für längere Zeit an den Verein, in der Regel ein bis zwei Jahre. Anders als bei Käufen an der Haustür steht Ihnen beim Vereinsbeitritt in der Regel kein Widerrufsrecht zu. Der Beitritt ist bindend.
Unterschreiben Sie nicht vorschnell. Lassen Sie sich Informationsmaterial aushändigen und schlafen Sie eine Nacht drüber. Fühlen Sie sich unsicher, lassen Sie die Sache ganz bleiben.
„Wollen Sie behinderten Kindern in Deutschland helfen?“ Mit diesen Worten klingelten „bekid“-Werber an Haustüren. „Was er sagte, klang glaubhaft“, erinnert sich der Maurer, obwohl der Werber keinerlei Unterlagen vorgelegt habe. „Ich hielt das für eine gute Idee“, bekräftigt ein 31-jähriger Koch aus Brandenburg. Und ein Asbestsanierer (34) aus Sachsen-Anhalt ergänzt: „Zehn Euro im Monat tun ja nicht wirklich weh.“
„Man hat’s halt laufen lassen“
Zwei, drei Jahre liefen die Überweisungen an „bekid“ mit Sitz an der Alleestraße. Die zehn Euro waren offenbar Standard. Informationen über die versprochenen „sozialen Projekte“ haben die drei Spender nie erhalten, aber auch nie verlangt, sagen sie: „Man hat’s halt laufen lassen.“ Stutzig wurde einer der Unterstützer erst, als die Internetseite nicht mehr online war und der Verein telefonisch nicht mehr zu erreichen war. „bekid“ war am Ende: 2017 wurde das Insolvenzverfahren eingeleitet, der Vorsitzende wegen Untreue in einem besonders schweren Fall angeklagt.
Drohender Entzug der Gemeinnützigkeit
Mit Spannung wird erwartet, wie der 51-jährige auf die Vorwürfe reagiert. Ein früherer Brandbrief, der am Freitag verlesen wurde, offenbart erste Ansätze für die Verteidigung. Darin will „bekid“ den drohenden Entzug der Gemeinnützigkeit abwehren. Ziel sei es stets gewesen, nicht eigene Projekte zu initiieren, sondern andere Vereine und deren Arbeit für Kinder zu fördern. Dazu habe ein „langfristiger finanzieller Bestand“ aufgebaut werden müssen. Das sei alles andere als einfach, beteuert der Vorsitzende in dem Schreiben – und meinte damit nicht den angeklagten Griff in die Kasse, sondern das Gebaren der Werber. Sie hätten bis zu 80 Prozent der Spenden als Provision vereinnahmt. Für den Verein sei da kaum ‘was übrig geblieben.