Bochum. Als Vorsitzender eines Fördervereins für Behinderte soll ein 51-Jähriger Bochumer über 300.000 Euro veruntreut haben. Nun steht er vor Gericht.
Ein 51-jähriger Bochumer soll als Vorsitzender eines Vereins zur Förderung behinderter Kinder über 300.000 Euro für private Ausgaben veruntreut haben. Seit Dienstag muss er sich vor dem Landgericht verantworten. Zum Prozessbeginn schwieg der Angeklagte.
„bekid – Behinderte Kinder in Deutschland“, hieß der als gemeinnützig anerkannte Verein, den der Bochumer 2009 gründete. Sitz war an der Alleestraße. „Wir setzen uns aktiv (...) für die Bekämpfung von Kriminalität, Drogenmissbrauch und Gewalt ein“, warb „bekid“ im Internet und gab an, „Programme für den Aggressionsabbau“ und Ferienfreizeiten zu finanzieren.
Angeklagter soll ausschweifenden Lebensstil finanziert haben
Dabei soll der Vorsitzende selbst kriminell geworden sein. Die Dimensionen erscheinen für einen vergleichsweise kleinen Verein atemberaubend. Fast ausschließlich mit Hausbesuchen wurden Hunderttausende Euro Spendengelder gesammelt. Dabei stamme der letzte Nachweis, dass der Verein tatsächlich behinderte Kinder und Jugendliche gefördert hat, laut Gericht aus den Jahren 2011 und 2013. Seither gebe es keinerlei Belege, dass „bekid“ als Wohltäter gewirkt hat.
Angeklagter: „Ich wollte doch nur Gutes tun“
Wie es trotz fehlender Nachweise über die Arbeit des Vereins gelingen konnte, derart hohe Spenden zu generieren, soll die folgende Verhandlung aufzeigen. Für den nächsten Termin am 6. November hat der 51-Jährige eine Erklärung angekündigt.
Bisher hat er sich nur einmal einem Ermittler gegenüber geäußert. Bei einer Hausdurchsuchung beteuerte er: „Ich wollte doch immer nur Gutes tun.“
Die Anklage weist aus, wo die Spendengelder mutmaßlich geblieben sind. Mit 315.000 Euro soll der 51-Jährige in den Jahren 2015 und 2016 einen laut Zeugen „ausschweifenden Lebensstil“ finanziert haben. Von einem 180-Quadratmeter-Penthouse mit Dachterrasse in der Innenstadt ist die Rede, von teuren Uhren und einem Mercedes für seine Lebensgefährtin, von 25.000 Euro Barabhebungen für unbekannte Zwecke, von Mietzahlungen vom Konto seiner Mutter, auf das er zuvor Spendengelder überwiesen habe, von Einkäufen in Super- und Baumärkten. Sogar das Taschengeld für den Sohn soll er vom „bekid“-Geld gezahlt haben.
Für fragwürdig hält die Staatsanwaltschaft auch die Verwendung von weiteren 140.000 Euro. Es soll Leasingverträge für drei hochklassige Autos (u.a. BMW und Mercedes) gegeben haben. Zwei Angestellte des Vereins erhielten zwar Gehälter; es sollen aber keine Sozialbeiträge abgeführt worden sein.
Richterin sieht gute Beweislage
2017 war „bekid“ am Ende. Das Insolvenzverfahren wurde eingeleitet. Der Ex-Vorsitzende, der am Dienstag mit Kurzhaarschnitt und Brille einen seriösen Eindruck vermittelte, lebt inzwischen in Sachsen: „ohne geregeltes Einkommen“. Die Anklage lautet auf Untreue in einem besonders schweren Fall.
Richterin Christine Katzer spricht von „besonderer Verwerflichkeit“, einem „zielgerichteten Vorgehen“ und einer „sehr guten Beweislage“ vor allem dank der Vielzahl der sichergestellten Kontoauszüge.