Bochum. Die Konjunktur brummt, die Arbeitslosigkeit geht zurück. Ausgebildet wird in Bochum aber immer noch zu wenig. Unternehmen geraten in die Kritik.

2742 Bewerber für eine Lehrstelle haben sich für das Ausbildungsjahr 2018/19 bei der Agentur für Arbeit in Bochum gemeldet – 116 mehr als im Vorjahr. Das ist ein Plus von 4,4 Prozent. Auch die Zahl der von Betrieben gemeldeten Stellen hat um 4,2 Prozent auf 2114 zugenommen. Die grundsätzliche Lage auf dem Ausbildungsmarkt in Bochum bleibt damit unverändert schwierig, das Bewerber-Stellen-Verhältnis ist immer noch in einer Schieflage.

Zu wenige Unternehmen bilden aus, die Ausbildungsbetriebsquote liegt mit 21,8 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Das ist aus Sicht von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) und IHK-Hauptgeschäftsführer Eric Weik angesichts des Fachkräftemangels nur schwer nachzuvollziehen. Eiskirch: „Auf dem Arbeitsmarkt im Ruhrgebiet gibt es derzeit eine sehr positive Entwicklung. Das lässt sich vom Ausbildungsmarkt nicht sagen.“

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Vor allem die Unternehmen seien in der Pflicht, ihre Anstrengungen zu verstärken und auch Bewerber zu akzeptieren, die nicht den Idealvorstellungen entsprechen. Weik: „Ich kann mir meine Azubis nicht backen.“ Flexibilität, die von Lehrstellenbewerbern gefordert werde, müssten auch Firmen an den Tag legen. Zumal es um ihre Zukunft und Marktfähigkeit gehe. Frischer Wind, den junge Menschen in Unternehmen bringen, müsse als Bereicherung begriffen werden.

Viele Abbrecher an den Universitäten

Einig sind sich alle Akteure darin, dass die anhaltende Akademisierung der Berufswelt so nicht weitergehen dürfe. Zumal die Abbrecherquoten an den Unis deutlicher Beleg dafür seien, dass junge Leute im Vorfeld von Berufs- und Studienwahl nicht immer richtig und umfassend informiert werden.

Die Regionalkonferenz aller rund um den Lehrstellenmarkt beteiligten Akteure will nun auf eine neue Zielgruppe stärker einwirken: die Eltern. Sie haben neben Lehrern den größten Einfluss darauf, worüber sich Schüler in Sachen Berufswahl informieren – und wie sie sich entscheiden. Der Tenor bei der Bilanz zum Ausbildungsmarkt 17/18 ist klar: Das Studium ist nicht der allein glücklich machende Weg in die Berufswelt. Diese Botschaft müsse auch bei den Eltern ankommen.

Einfluss auf Eltern nehmen

Dass etwa das Handwerk weitaus anspruchsvoller geworden ist und die Verdienstmöglichkeit über denen von Hochschulabsolventen liegen kann, sei kaum bekannt, bedauert Kreishandwerksmeister Michael Mauer. Ein Faktor droht aus seiner Sicht ohnehin in den Hintergrund zu rücken: die Freude am Beruf. Auch daran müssten Betriebe denken, wenn sie ihre Azubis suchen. Nicht nur Geldverdienen und Fortkommen seien wichtige Kriterien bei der Wahl des Berufs, „sondern auch der Spaß“.

Derweil geht das Matching weiter. „Wir beschäftigen uns auch jetzt noch damit, geeignete Stellen und Kandidaten zusammen zu bringen“, so Agentur-Chefin Regine Schmalhorst. Unbesetzte Lehrstellen gibt es etwa für Verkäufer und Verkäuferinnen (19), Zahnmedizinische Fachangestellte (15) und Bäckereifachverkäuferinnen (11). Bewerber suchen vor allem Lehrstellen für Bürokaufmänner und -frauen (16), Medizinische Fachangestellte (13) und Industriemechaniker (12).