Bochum. Seit 2009 ist die Ausbildungsquote der Bochumer Betriebe von 26,1 auf 21,9 Prozent zurückgegangen. Arbeitsagentur-Chefin mahnt Besserung an.
Alle Appelle von Berufsverbänden, Standesorganisationen, aus der Arbeitsvermittlung und der Politik scheinen zu verpuffen. Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist weiterhin „nicht zufriedenstellend“, bilanziert Regine Schmalhorst, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Bochum, zur Halbzeit des Berufsberatungsjahres. So wie zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr sind derzeit ein Drittel aller Bewerber um einen Ausbildungsplatz versorgt. Ende März waren es 792 junge Frauen und Männer. Und voraussichtlich werde wieder das Vermittlungsniveau aus 2017 erreicht.
Aber wie in den Vorjahr auch sei schon jetzt absehbar, dass nicht jeder Jugendliche, der eine Ausbildungsstelle suche, diese auch erhalten. Auf 67 Stellen kommen vermutlich 100 Bewerbern, das heißt etwa ein Drittel junge Frauen und Männer könnten am Ende keine Lehrstelle bekommen. Schmalhorst: „Wir haben definitiv zu wenige Ausbildungsplätze.“
Dokumentieren lässt sich dies auch an der Ausbildungsbereitschaft. Die Quote der auszubildenden Betriebe in Bochum ist seit 2009 von 26,1 Prozent auf 21,9 Prozent (2016) zurückgegangen und liegt damit unter dem Landesdurchschnitt (22,4). „Das ist deutlich zu wenig“, kritisiert die Agentur-Chefin. Und sie appelliert: „Wir müssen den jungen Menschen mehr Möglichkeiten einräumen.“
Nachfrage nach Fachkräften steigt
Fatal ist die sinkende Ausbildungsbereitschaft nicht nur deshalb, weil Unternehmen es unterlassen, Fachkräfte zu entwickeln, die sie selbst künftig benötigen und zum Teil auch jetzt schon suchen. Schmalhorst: „Wir bekommen immer mehr Anfragen nach Fachkräften.“ Zementiert werden mit dieser Unterversorgung auch soziale Missstände. „Denn mehr als die Hälfte aller Langzeitarbeitslosen verfügt über keine Ausbildung“, sagt Anja Greiter, Sprecherin der Agentur für Arbeit. Nach wie vor sei eine Berufsausbildung die beste Vorsorge gegen Arbeitslosigkeit. Dafür indes müssen auch genügend Lehrstellen zur Verfügung stehen.
Matching bleibt schwierig
Neben dem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, Ende März standen 1257 unversorgten Bewerbern 1190 offene Ausbildungsstellen gegenüber, erweist sich auch das Matching von Arbeitgebern und Ausbildungsplatzbewerbern als weiterhin schwieriges Unterfangen. Die Agentur-Chef würde sich dabei wünschen, „dass junge Leute flexibel genug bei der Wahl ihres Berufes und Arbeitgeber mutig genug sind, junge Leute einzustellen, die vielleicht nicht 100-prozentig ihren Vorstellungen entsprechen“. Für beide Seiten könnten sich daraus Chancen ergeben.
Die Fakten
Seit Oktober haben sich 2049 Bewerber um einen Ausbildungsplatz bei der Agentur für Arbeit gemeldet.
Etwa die Hälfte aller Bewerber ist unter 20 Jahre (1047), die meisten sind unter 25 (1866), 183 aber älter als 25 – ein Plus von 51,2 Prozent.
Sechs Bewerber (0,3 Prozent) haben keinen Hauptschulabschluss, 407 (19,9) einen Hauptschulabschluss, 689 (33,6) einen Realschulabschluss, 412 (20,1) Fachhochschulreife und 443 (21,6) Abitur. 92 Bewerber oder 4,5 Prozent haben keine Angaben gemacht.
Kaum verändert haben sich die Ausbildungsplatzwünsche. Die meisten männlichen Bewerber möchten Kraftfahrzeugmechaniker, Kaufmann oder Verkäufer werden. Die Mädchen bevorzugen die Berufe Kauffrau, medizinische Fachangestellte und Verkäuferin.