Bochum. . Pflegende Partner von Demenzbetroffenen treffen sich in der Alzheimer Gesellschaft. Moderierte Gruppe tauscht sich bei Kaffee und Kuchen aus.

Sie verstecken Sachen, wollen nicht gewaschen werden, erkennen Nahestehende nicht mehr oder schimpfen wild. Aber: Sie werden trotz allem geliebt und gepflegt. „Bei meinem Mann hat die Demenz vor mehreren Jahren begonnen, zunächst hatte er eine sehr aggressive Phase“, sagt Gudrun. „Es ist ein 24-Stunden-Job, sich um ihn zu kümmern, aber ich weiß: Er würde das auch für mich tun“, ergänzt sie. Die Runde nickt zustimmend. „Es übersteigt die eigene Kraft, man wächst über sich hinaus“, sagt Rosi, die ihren 75-jährigen Mann pflegt.

Während die Demenzkranken in einem Gruppenangebot gleich eine Tür weiter betreut werden, nehmen sich die Angehörigen Zeit, über ihre eigenen Gefühle, Probleme und Bedürfnisse zu sprechen. Alle zwei Wochen bietet die Alzheimer Gesellschaft diese Möglichkeit. Mit dabei ist Fachkraft Jutta Meder, die die Gruppe moderiert und auf 21 Jahre Erfahrung zurückblickt.

Praktische Tipps für den Alltag

„Wir beginnen mit einer Entspannungsgeschichte“, sagt sie und liest einen Text über ein Segelboot vor. Von dem warmen Sand unter den Füßen und der Salzwasserbrise im Gesicht, zu denen die Gruppe gerade noch in Gedanken gereist ist, geht es dann zum Austausch über den anstrengenden Alltag.

„Es macht mich nervlich fertig, mein Mann kontrolliert ständig den Ofen und läuft mir die ganze Zeit hinterher“, berichtet Gerda. Die Gruppe hat nicht nur ein „das kenne ich“ für die 81-Jährige parat, sondern auch praktische Tipps: „Wie wäre es mit einer Reha? Sie müssen an sich selbst denken“, rät Meder. Und Rosi berichtet: „Ich habe meinen Kuraufenthalt sehr genossen.“

Demenz bleibt oft lange unentdeckt

Angelika ist an diesem Tag zum ersten Mal dabei. „Mich hat es kalt erwischt, als mein Mann beim Arzt eine Uhr aufzeichnen sollte, und das nicht klappte“, erzählt sie.

Die anderen Teilnehmer erzählen von ihren Erfahrungen. Viele im Umfeld haben die Demenz lange nicht bemerkt: Die Betroffenen halten mit Floskeln Gespräche aufrecht. „In unserem Alter werden doch auch alle vergesslicher“, sagt Ute. Meder ordnet ein: „Das ist auch noch keine Erkrankung. Erst wenn die Alltagskompetenz eingeschränkt wird. Oft fällt die Demenz in fremden Umgebungen erstmals auf.“

Verein bietet Beratungsgespräche und Angehörigenschulungen

Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen in der Bevölkerung steigt mit dem Alter steil an.

Gegenwärtig geht man in Deutschland von 1,4 Millionen Erkrankten aus, in Bochum sind etwa 7000 Menschen betroffen.

Die Alzheimer Gesellschaft Bochum ist ein gemeinnütziger Verein und Mitglied in der Deutschen Alzheimer Gesellschaft sowie im Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Sie bietet Beratungsgespräche, verschiedene Angehörigen- und Trauergruppen. Auch Angehörigenschulungen, Gruppenangebote für Erkrankte und Vermittlung häuslicher Besuche gehören zum Angebotsspektrum.

Weitere Informationen auf: www.alzheimer-bochum.de

„Wie läuft bei euch das Waschen und Anziehen?“, möchte Gerda von den anderen wissen. „Das klappt noch gut“, sagt eine Teilnehmerin, während eine andere berichtet: „Er wird immer aggressiv.“ Während an einem Tischteil Ärzte und Medikamente empfohlen werden, berichtet Gudrun von der neuen Uhr ihres Mannes: „Damit kann ich ihn orten, falls er wegläuft.“ Auf die Idee kam sie durch die Gruppe.

Ängste mit anderen teilen

Ute belastet es, dass ihr Mann sie oft nicht mehr erkennt. Sätze wie „Ich habe keinen Sohn“ schmerzen. Angelika teilt ihre Ängste: „Meine größte Sorge ist, dass mir mal etwas passiert.“ Aktuell fragt sie sich, wie sie ihren Mann zur Tagespflege bewegen kann. „Sag ihm, du kommst nach oder, dass ihr zum Kaffee eingeladen seid“, rät Gerda und Irene schlägt vor: „Geht beim ersten Mal gemeinsam hin“.

In der Gruppe wird auch gelacht – etwa dann, wenn viele wieder den Satz „Das war ich nicht!“ von ihrem Partner gehört haben. Die Krankheitseinsicht fehlt nämlich häufig. „Die Liebe ist immer noch da, sie hat nur eine andere Form bekommen“, finden alle. Die Rolle habe sich verändert: weniger Ehepartner, mehr Mutter. Aber die Liebe, die bleibt.