Bochum. . Drei neue Kontaktbüros in Bochum unterstützen Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige. Pro Gruppe und Monat stehen 50 Euro zur Verfügung.

Experten sprechen vom „zweiten Patienten“. Gemeint sind Angehörige, die ihre Liebsten pflegen – und dabei selbst krank werden. Sie zu unterstützen, ist seit 2017 Aufgabe der „Kontaktbüros Pflegeselbsthilfe“, die vom NRW-Gesundheitsministerium und den Pflegekassen finanziert werden. In Bochum gibt es drei Büros, die jetzt an die Öffentlichkeit gehen.

Der Anteil der Pflegebedürftigen steigt. Auf 7000 wird allein die Zahl der Demenzpatienten in unserer Stadt geschätzt. 13 000 sind es insgesamt. Vier von fünf Erkrankten werden daheim betreut: vom Ehepartner, der Tochter, der Schwiegertochter. Rund um die Uhr. Sieben Tage pro Woche. Und das, obwohl die pflegenden Familienmitglieder oft selbst nicht mehr die Jüngsten sind. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 58. Jeder Vierte ist 75 und älter, besagen Statistiken.

Viele Pflegende wähnen sich als Einzelkämpfer

Ärzte und professionelle Betreuer warnen: Das Leid der Kranken ist oft auch das Leid der Angehörigen. „Die körperliche, vor allem aber die seelische Belastung ist immens“, sagt Ali Gerdes (30), Sozialarbeiter beim Paritätischen. Viel mehr Helfer müssten selbst Hilfe annehmen. Doch das passiert nach Beobachtung der Berater immer noch zu selten und zu spät: „Die meisten Angehörige verstehen sich als Einzelkämpfer – und fühlen sich allein gelassen“, so Gerdes.

Dem sollen die „Kontaktbüros Pflegeselbsthilfe“ (kurz: KoPs) entgegenwirken. Ihr Ziel: Selbsthilfegruppen zu stärken, in denen Angehörige ein Netz finden, das sie auffängt; „in denen sie erfahren, dass sie mit ihrem Schicksal nicht allein sind, sich gegenseitig aufbauen und Hilfestellung geben“, erklärt Martina Struensee (50) von der DRK-Alzheimerhilfe.

Das Rote Kreuz, der Paritätische und die Alzheimer-Gesellschaft sind in Bochum die Träger der drei Kontaktbüros. Sie sind Ansprechpartner für pflegende Angehörige, die eine Selbsthilfegruppe suchen. Und: Sie können den Mitgliedern organisatorisch und finanziell zur Seite stehen. Andrea Kaesberger (27) von der Alzheimer-Gesellschaft: „Pro Gruppe stehen monatlich 50 Euro zur Verfügung. Die können zum Beispiel für ärztliche Vorträge, Rückenschulungen bis hin zum Kaffee bei den Treffen verwendet werden.“ Das Geld könne auch ein Jahr angespart werden: etwa für einen Jahresausflug, für den dann 600 Euro fließen.

50 Euro pro Gruppe und Monat

Zwar gibt es allein unter dem Dach der drei Träger derzeit rund 20 Selbsthilfegruppen. Der Bedarf für weitere Angehörigen-Treffen sei in Bochum jedoch riesig, betonen die Beauftragten von DRK, Paritätischem und Alzheimer-Gesellschaft. Deshalb hoffen sie, durch ihre Arbeit auch zu Neugründungen beizutragen. „Jeder neuen Gruppe können wir dann wieder 50 Euro pro Monat bereitstellen“, so Martina Struensee.

„Unterstützen Sie sich gegenseitig“, heißt es in einem gemeinsamen Flyer der Kontaktbüro-Partner. Zeit für die Erweiterung des Netzwerks der Hilfe zur Selbsthilfe ist noch reichlich: Das Landesprogramm läuft bis Mitte 2020.

>>> INFO: Kontaktbüros und Ansprechpartner

Die drei Kontaktbüros und ihre Ansprechpartner für alle Fragen rund um Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige:

Alzheimer-Gesellschaft, Andrea Kaesberger, 0234/33 77 72.

Der Paritätische, Ali Gerdes, 0234/31 10 69.

DRK-Alzheimerhilfe, Martina Struensee, 0234/944 51 47.