Wenn der Brennstoff für den Winter eingekellert werden musste, war das früher ein besonderer Tag. Eine Erinnerung aus den 1960er Jahren.

Als wir mittags aus der Schule kamen, sahen wir den dunkelblauen Lastwagen gerade in unsere Straße einbiegen. Schwerfällig kroch der hoch mit Kohlen beladene Laster übers Pflaster. Vor unserem Haus wendete das Gefährt. Dann kletterte ein Mann aus dem Führerhaus, guckte auf den Lieferzettel und ging dann, ohne uns Kinder auch nur zu beachten, an die Rückseite des Lasters, wo er gemächlich die Haltestifte der schwarz eingestaubten Ladeklappe löste: Es rumpelte und rutschte, und schon prasselten die Kohlen auf den Bürgersteig, 20 Zentner Eierkohlen alles in allem. Es staubte und knirschte und ein paar der schwarzen, harten Staubkörnchen, die plötzlich überall in der Luft waren, landeten auf unseren Lippen. Sie schmeckten bitter.

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Der Kohlenmann hatte seine Fracht nicht direkt vor unser Kellerfenster abgekippt, sondern vielleicht einen oder eineinhalb Meter davor. Jetzt fing für uns die Arbeit an, denn die Kohlen mussten schließlich in den Keller geschafft werden, eingeschüppt werden, wie wir sagten. Während mein Vater noch mit dem Fahrer palaverte, krempelten wir die Ärmel hoch und holten die aus dem Keller. Das waren große Schaufeln mit einem kurzen Stiel, mit denen wir dem Haufen zu Leibe rückten. Wir schaufelten und kratzten die Kohlen vor das Kellerfenster, und Vater schüppte sie durch die Wandöffnung in den Auffangplatz unten im Gewölbe des Hauses.

Von dort mussten die „Schwatten“ in Handeimer umgefüllt und durch den engen Gang weiter zu unserem Kohlenkeller getragen werden, der auf der Hofseite lag. Vor uns lag also noch richtig viel Arbeit. Der ganze Nachmittag würde dafür draufgehen. Wir schaufelten schließlich bis kurz vor halb fünf, dann waren die Kohlen ins Kellergewölbe „gewandert“. Meine Mutter kam mit dem Schrubber und einem Eimer Wasser und spülte den Bürgersteig sauber. Immer wieder musste sie zum Wasserhahn im Hof stiefeln, um den Zinkeimer neu zu füllen; schließlich konnte der Dreck ja nicht auf dem Gehsteig bleiben!

Mein Vater trug die vollen Eimer von der Kohlenniederlage im Gewölbe zu unserem Keller ‘rüber. Wir mussten „nur“ noch die Eimer befüllen, die er dann packte und forttrug. Das Gewölbe war düster und roch muffig. Elektrisches Licht gab es nicht, auf einem Tellerchen brannte ein Kerzenstummel. Es war eine staubige, schmutzige und anstrengende Welt. So wie diesen Keller stellten wir uns den Arbeitsplatz unserer Väter unter Tage vor. Um sechs waren wir fertig und die Kohlen in unserem Keller. Mein Vater riegelte den Verschlag mit einem Vorhängeschloss ab. „Jetzt kann der Winter kommen!“, sagte er. Wir blickten uns in die geschwärzten Gesichter mit den weißen Zähnen und den weißen Augäpfeln. Wir waren stolz auf unser Werk. Zwei Dreikäsehoch, die sich für einen Nachmittag wie Bergleute gefühlt hatten.