Hamme. Ruhrstadt-Gartenmiliz hat eine Brachfläche am Marbach in einen Erlebnisgarten verwandelt. Das Idyll ist vom Ausbau des Radschnellwegs bedroht.

Was als kleiner Traum begann, ist nun Realität: Vor ungefähr einem Jahr war die Fläche des jetzigen Naturparadieses am Marbach nicht mehr als ein Stück verwildertes Brachland. Doch seit der Erstbepflanzung des Geländes im Mai 2017 durch die Ruhrstadt-Gartenmiliz, der das Land vor ungefähr zweieinhalb Jahren von der Familie Blennemann überlassen wurde, hat sich einiges getan. Mittlerweile gibt es unter anderem einen Ofen aus Lehm und Naturstein, Wildkräuterbeete und eine Regenwasserdusche. Sogar ein „Grünes Klassenzimmer“ wurde eingerichtet, das die Gärtner zusammen mit der Grundschule An der Maarbrücke betreiben. Hier lernen die Kinder in und mit der Natur.

Naturpädagogisches Erlebnisfeld und Nachbarschaftsgarten

„Alles in allem ist das hier zugleich naturpädagogisches Erlebnisfeld und Nachbarschaftsgarten“, erklärt Andreas Grande, der das Naturparadies im Kern zusammen mit Kolja Klar und Corinna Hügging sowie einer Gruppe loser Helfer betreibt. „In erster Linie geht es uns aber auch darum, ein Ort des Austauschs für die Nachbarschaft zu sein.“

Sophia Godan und Andreas Grande backen Stockbrot über dem Lagerfeuer im Erlebnisgarten Marbach.
Sophia Godan und Andreas Grande backen Stockbrot über dem Lagerfeuer im Erlebnisgarten Marbach. © Uwe Möller

Um diesen Austausch zu intensivieren, öffnete der Garten am Wochenende im Rahmen der „Paradiestage am Marbach“ für eine Reihe von Workshops und kleineren Vorträgen seine Pforte. Angeboten wird neben der Herstellung von Naturkosmetik auch Guerillagardening oder Imkern. Die Besucher können sich aber auch einfach nur an der Natur erfreuen und gemeinsam musizieren, basteln oder die Seele baumeln lassen.

Friedliche Art der Revolution

„Mit diesen ganzen Aktionen möchten wir das Grundstück auch mit einem neuen Sinn aufladen“, erklärt Kolja Klar die Intention der Veranstaltung, „Das ist unsere Art, friedlich zu revoltieren.“ Der Adressat dieser Revolution ist dabei die Stadt, genauer gesagt, die Verantwortlichen für den geplanten Ausbau des Radschnellwegs Ruhr (RS1). Er würde genau über jenes Gelände führen.

Aktion im Rahmen der Westend-Kulturwochen

Die „Paradiestage am Marbach“ sind eine von vielen Aktionen der diesjährigen, insgesamt elften Kulturwochen des Westends und werden unterstützt und gefördert vom Stadtumbaubüro und diversen Institutionen von Stadt, Land und Bund.

Die Ruhrstadt-Gartenmiliz strebt derzeit die Gründung eines Vereines an. Ein erstes Zusammenkommen dazu fand am Sonntag zum Abschluss der Paradiestage statt.

Der Radschnellweg (RS1) ist geplant als durchgängige Fahrradverbindung zwischen Hamm und Duisburg. Der 101 Kilometer lange Radschnellweg wäre der erste seiner Art in Deutschland. Eine Planungs- und Bauvereinbarung für den Bochumer Streckenabschnitt haben die Stadt und der Landesbetrieb Straßen.NRW bereits unterzeichnet.

Alle Gespräche, die Kolja Klar und Andreas Grande bisher mit den Verantwortlichen geführt haben, erbrachten keine Änderung der Bauplanung. „Die Alternativroute durch den Westpark wird von den Behörden ausgeschlossen, da dort noch Altlasten im Boden lagern“, so Klar. Nichtsdestotrotz sei eine Routenführung über jenes ehemalige Brachgelände auch keine Option, zumindest aus Sicht der Ruhrstadt-Gartenmiliz: „Dieser Garten ist einmalig für Bochum“, resümiert Klar. „Er ist ein natürlich belassenes Biotop inmitten der Großstadt, ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere.“ Dass zudem der bereits bestehende Radweg an der Jahrhunderthalle entlang viel besser gelegen und auch besser angebunden sei, kommt für ihn als weiterer Grund gegen den Ausbau hinzu.

Der Kampf gegen den städtischen Beschluss scheint aussichtslos, doch die Ruhrstadt-Gartenmiliz baut das Grundstück trotzdem weiter aus: „In den Pfingstferien werden wir mit den Kindern der Grundschule Nistkästen bauen und einen Teich anlegen“, sagt Grande zu den nächsten Vorhaben. Die Vorarbeiten für das „Blaue Klassenzimmer“, den Teich, seien auch schon getätigt worden. Andreas Grande: „Wir mussten das Projekt dann aber zunächst unterbrechen, da sich an der Stelle des zukünftigen Teiches Bienen angesiedelt haben.“