Bochum. . In einem Bochumer Mehrfamilienhaus herrscht Ausnahmezustand. Bewohner fürchten sich vor einem einzelnen Mieter, der „extrem gefährlich“ sei.
In diesem Bochumer Wohnhaus herrscht große Angst. Massive Sachbeschädigungen, bedrohliche Situationen, Ruhestörungen und irrationale Eskapaden haben das Klima in dem Zehn-Parteien-Mietshaus in der Innenstadt völlig vergiftet. Schuld ist aus Sicht der Nachbarschaft der alleinstehende Mieter im Erdgeschoss. Er soll psychisch auffällig und zeitweise „verwirrt“ sein.
„Viele Mieter verlassen ihre Wohnungen nur noch mit Pfefferspray und anderen Waffen, um sich im Ernstfall verteidigen zu können. Andere überbrücken die Strecke zwischen Haus- und Wohneingangstür nur noch rennend oder in größeren Gruppen“, heißt es in einem „Protokoll der Hausgemeinschaft“. Auf sieben eng beschriebenen Seiten haben die Bewohner aufgelistet, was jener Mieter, ein Mittzwanziger, seit Jahresbeginn alles angerichtet habe.
Regelmäßige Polizeieinsätze vor Ort
Regelmäßig rückt die Polizei wegen dieses Mieters an, auch mit Blaulicht. „Es gibt eine Vielzahl von Einsätzen“, sagt ein Polizeisprecher. Die anderen Mieter berichten, dass die Beamten vor Ort den Mann für „extrem gefährlich“ hielten. Nur zu mehreren würden sie sich ins Haus trauen. Auch der Reporter wird eindringlich gewarnt, allein dort anzuklingeln.
Mit einem Baseballschlager, so schildert es die Hausgemeinschaft, habe jener Mieter nachts den geparkten Mercedes eines Nachbarns demoliert – Totalschaden.
Auch ein zweites hochwertiges Auto von Mietern sei zerkratzt worden. Außerdem werden dem Mann das Zerstören von Glasfenstern in Wohnungstüren, etwa mit einem Backstein, vorgeworfen, das Zerkratzen von Türen, massive nächtliche Ruhestörungen durch laute Techno-Musik, das Manipulieren am Stromkasten, ein nächtliches „Wischen“ im Hausflur ohne Wasser und Lappen, so dass nur das Plastikgestell über den Steinboden kratzte, laute Selbstgespräche, das Werfen seines Weihnachtsbaums samt Ständer und Schmuck vor die Haustür, das laute Hämmern im Treppenhaus Metall auf Metall.
Als der sozialpsychiatrische Dienst der Stadt mit der Polizei angerückt sei, sei er aus dem Fenster gesprungen. Ein andermal habe er an einer Nachbartür angeklopft und bedrohlich einen Hammer in der Hand gehabt.
Eskalation befürchtet
Die größte Sorge bereitet der Hausgemeinschaft aber wohl die Frage, ob der junge Mieter mit gefährlichen Chemikalien hantiert. Aus seiner Wohnung heraus soll es nach Verdünner und Schwefel gerochen haben. Auch in seinem Auto sollen verdächtige brennbare Stoffe gefunden worden sein. „Die Hausbewohner fürchten eine Eskalation. Einige haben ihre Wohneingangstüren von innen mit Holbrettern verschraubt“, steht im Protokoll.
„Mehrere Hausbewohner berichten von Gegenständen, die sie zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls in unmittelbarer Nähe ihrer Betten deponiert haben. Hierzu zählen Werkzeuge wie Brechstangen oder Hammer, aber auch Pfefferspray oder eine leere Glasflasche.“
Einige Tage war jener Mieter in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht. Doch ein Psychiater schätzte ihn dann nicht mehr als „fremd- und eigengefährdend“ ein. Ein Amtsrichter bestätigte die Freilassung; die rechtlichen Hürden zum Festhalten in der Klinik sind sehr hoch.
Mieter fühlen sich im Stich gelassen
Die Mieter fühlen sich von der Polizei und der Stadt im Stich gelassen. Sie verstehen nicht, „dass die Freiheit eines Mannes, dessen Gefährlichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, mehr wert ist als die Freiheit und Unversehrtheit eines ganzen Mehrfamilienhauses.“
Bei jedem kleinen Geräusch würden Hausbewohner aufschrecken und sich in einer WhatsApp-Gruppe (Handy-Netzwerk per Internet) zu beruhigen und zu warnen versuchen.
>>> Fristlose Kündigung und Räumungsklage
- Die Vermieterin hat dem Mann zum 31. Januar fristlos gekündigt. Das hat er ignoriert. Nun wurde ihm eine Räumungsklage geschickt. Vorher soll der Mann auch bereits Abmahnungen erhalten haben.
- Für die WAZ war der Mieter trotz vielfacher Versuche am Telefon und direkt an der Haustür nicht zu erreichen.