Bochum. Das 1959 eröffnete Gesundheitsamt am Westring folgte den damaligen Vorgaben der Stadt- und Bauplanung. Nun könnte der Bau abgerissen werden.

Das Gesundheitsamt am Westring ist ein unspektakuläres Gebäude, schlicht in rotem Backstein ausgeführt, eine plane Fassade ohne große Verzierungen, insgesamt geht von ihm eine zutiefst amtliche Anmutung aus. Und doch kennt wohl jede/r in Bochum diesen Zweckbau, der möglicherweise nicht mehr lange an seinem angestammten Ort stehen wird.

Im Zuge der großen Neuordnung der Gegend rund ums Rathaus könnten nicht nur das alte WAZ-Haus und die Musikschule, sondern auch das Gesundheitsamt fallen. Auch wenn es bislang gar kein Ausweichquartier gibt. Eine Abteilung (Kinder- und Jugendmedizin) wird, so die aktuelle Planung, voraussichtlich im 2. Quartal zur Bessemerstraße ins ehemalige Antonius-Stift umziehen. Was mit den anderen Abteilungen passiert, ist offen.

Fast 60 Jahre alt

Der Versorgungsschwerpunkt des Gesundheitsamtes umfasst grundsätzlich den bevölkerungsbezogenen Gesundheitsschutz und die Gesundheitsförderung sowie individuelle Gesundheitsberatung und Gesundheitsunterstützung. Daneben stehen medizinal- und arzneimittelrechtliche Ordnungsaufgaben sowie dienst- und sozialrechtliche Gutachten.

Über das fast 60 Jahre alte Gebäude selbst sind nur wenige Angaben verfügbar. Der Zweckbau wurde 2013 inventarisiert, als es um die Feststellung als potenzielles Baudenkmal ging (was dann abschlägig beschieden wurde: keine Denkmalwürdigkeit). Die Bauzeit betrug drei Jahre, Baubeginn 1956, Einweihung 1959. Der Entwurf stammt vom Planungsamt der Stadt, Bauherr war das Hochbauamt. Die markante Kubatur des Gebäudes ist so gut wie unverändert, sogar die alten Holzfenster sind zum Teil erhalten.

Gutes Beispiel für den Wiederaufbau

Das Gesundheitshaus ist ein gutes Beispiel für den Wiederaufbau in Bochum, der in den 1940er und 50er Jahren bundesweit Aufmerksamkeit erlangte, da er eine gewisse planerische Radikalität verkörperte, die dem damaligen Zeitgeist „Weg mit dem Alten!“ entgegen kam. Im Neuordnungsplan vom 1. Oktober 1948 hatte der Planungsstab um Stadtbaurat Clemens Massenberg (1909-1954) sein Konzept für die Innenstadt festgelegt. Wesentliche Merkmale waren die Wiederaufnahme der im Krieg zerbombten Blockrandbebauung und die Verbreiterung der Straßen.

Das Gesundheitsamt entsteht: Im Bauboom der 1950er Jahre fiel die Einrüstung des Gebäudes kaum jemandem ins Auge.
Das Gesundheitsamt entsteht: Im Bauboom der 1950er Jahre fiel die Einrüstung des Gebäudes kaum jemandem ins Auge.

Bauherren und Architekten mussten sich fortan an Vorschriften für ihre Gebäude halten. So wurde festgelegt, dass über einem Isoliergeschoss ein Flachdach liegen musste und hochrechteckige Fassadenformen mit regelmäßigen Anordnungen („Raster“) an den Straßenwänden errichtet werden sollten. Die Vorgaben erklären auch, warum man in der Bochumer City zwar Bauten durchgehender Geschosshöhe, aber so gut wie keine Sattel- oder Walmdächer findet.

Planbereich „Viktoriastraße“

Wie berichtet, gehört das Gesundheitsamt mit der Musikschule/ehemalige Jacob-Mayer-Schule und den Bereichen zwischen Rathaus und BVZ zum Planbereich „Viktoriastraße“.

Nach Willen der Stadt soll das Areal überplant werden. Das BVZ wird abgerissen, für die Musikschule und das Gesundheitsamt ist das noch nicht beschlossen, aber die Option besteht.

Bei öffentlichen Gebäuden wurde stets auch an Kunst am Bau gedacht. Auch im Gesundheitsamt: Das große Glasfenster des Kölner Künstlers Bingemer im Foyer besteht aus bunten Farbflächen und grafischen Elementen, die, frei komponiert, miteinander einen symphonischen Farbklang erzeugen – vor allem, wenn mittags die Sonne auf dem Fenster steht. Durch den Einbau einer behindertengerechten Tür wurde das schöne Fenster beschädigt. Außerdem ist 1990 die Original-Signatur mit dem Namen des entwerfenden und des ausführenden Künstlers verloren gegangen.

>>Planbereich„Viktoriastraße“

Wie berichtet, gehört das Gesundheitsamt mit der Musikschule/ehemalige Jacob-Mayer-Schule und den Bereichen zwischen Rathaus und BVZ zum Planbereich „Viktoriastraße“.

Nach Willen der Stadt soll das Areal überplant werden. Das BVZ wird abgerissen, für die Musikschule und das Gesundheitsamt ist das noch nicht beschlossen, aber die Option besteht.