Bochum. Die Bogestra stellte den Busbetrieb auf allen Linien ein. Die Sicherheit stehe an erster Stelle. Kritiker halten Maßnahmen für übertrieben.
Die ersten Schneefälle des Jahres haben die Stadt mit überraschender Wucht getroffen. Vor allem der öffentliche Nahverkehr war davon betroffen.
Ab 12.45 Uhr ging nichts mehr
Nachdem die Bogestra schon am frühen Sonntagnachmittag ihren Busbetrieb für einige Stunden eingestellt hatte, Straßenbahnen und U-Bahn fuhren weiter, ging auch am Montag von 12.45 Uhr an für mehr als zwei Stunden nichts mehr. Danach kam es immer noch zu Verspätungen von bis zu 20 Minuten. Auch Bahnen hatten Verspätungen. Die Linien 302 und 310 fuhren nur bis zur Haltestelle Laer Mitte bzw. Mark 51/7. „Schneeglätte und Behinderung durch hohes Verkehrsaufkommen“, seien die Gründe dafür, so die Bogestra.
18 Streufahrzeuge unterwegs
Der Umweltservice Bochum (USB) brachte an beiden Tagen seine gesamte Flotte von 18 Streufahrzeugen auf die Straße; sonntags auf Hauptstraßen und innerörtlichen Verbindungsstraßen, gestern erst einmal bis zum Nachmittag nur auf den Hauptstraßen, die allein eine Länge von 560 Kilometern haben. „Da gab es noch eine Menge Matsch zu beseitigen“, so USB-Sprecher Jörn Denhardt. Von einer Ausnahmesituation mochte er indes nicht sprechen. „Wir tun, was wir tun müssen.“
23 Fahrer lenkten im Zweischichtbetrieb die Streufahrzeuge, 42 Mitarbeiter waren im gesamten Stadtgebiet mit der Handstreuung etwa an Kreuzungen oder Straßenübergängen beschäftigt.
Sicherheit steht an erster Stelle
Aus Sicht der Bogestra waren die Umstände indes schon außergewöhnlich. „In den vergangenen 20 Jahren haben wir vielleicht drei-oder viermal den Betrieb einstellen müssen“, erinnert sich Bogestra-Sprecherin Sandra Bruns. Dass nun an zwei Tagen hintereinander der komplette Bus-Betrieb auf insgesamt 68 Linien phasenweise ruhte, sei der Sicherheit geschuldet. Bruns: „Die steht bei uns an erster Stelle.“
Am Sonntag habe der Betriebsleiter um 13.45 Uhr entschieden, dass die Busse im gesamten Betriebsgebiet, also von Herne bis in den Ennepe-Ruhr-Kreis, an den Haltestellen stehen bleiben und vorerst nicht weiterfahren dürfen. Davon waren ebenso wie gestern Nachmittag Tausende von Bogestra-Kunden betroffen, die die Busse verlassen mussten und auf sich allein gestellt waren.
Mehrere Unfälle mit Blechschäden
„Es hat einige Unfälle mit Blechschäden gegeben, bei denen Autos in Busse gerutscht sind“, begründet Bogestra-Sprecherin Bruns die Einstellung des Busbetriebs am Sonntag. Außerdem habe es Dutzende Meldungen von Fahrern aller Strecken gegeben, die von einer gefährlichen Verkehrslage gesprochen hätten.
Vor allem in den südlicheren Regionen, in Dahlhausen, Stiepel, Hattingen und Teilen des Ennepe-Ruhr-Kreises, wo es Straßen mit starken Steigungen gibt, sei der Verkehr massiv beeinträchtig gewesen. „Wir fahren erst dann, wenn Straßen geräumt und gestreut sind.“ Das sei am Sonntag erst von 17.30 Uhr an wieder der Fall gewesen, als die Straßen nicht zuletzt wegen des einsetzenden Regens nach und nach wieder befahrbar waren.
Kritik: Zumutung für die Kunden
Während die Bogestra-Sprecherin sagt, viele Kunden schätzten es sehr, dass für die Bogestra die Sicherheit an erster Stelle stehe, ist auch Kritik an der Entscheidung des Nahverkehrsunternehmens zu hören, so etwa von WAZ-Leser Walther Müller. Er äußert Verständnis dafür, dass Busse in Sprockhövel oder Hattingen nicht fahren können. „Aber im Bochumer Stadtgebiet? Während der übrige Verkehr relativ reibungslos floss, mussten sich die Bogestra-Fahrgäste zu Fuß auf den Weg machen. Was mutet dieses Unternehmen seinen Kunden alles zu.“
Fußgänger müssen nach Stürzen ins Krankenhaus
Schnee und Eisglätte halten seit dem Wochenende auch die Kliniken in Atem. Die Zahl der Notfalleinsätze ist deutlich gestiegen.
„Vor allem am Samstag kamen viele Patienten mit Brüchen zum Beispiel am Sprung- und Handgelenk sowie mit hüftgelenksnahen Frakturen“, berichtet Robin Jopp, Sprecher des Bergmannsheils. Im Laufe des Sonntags habe sich die Situation mit der veränderten Wetterlage wieder etwas normalisiert.
Stürze enden mit Oberschenkelhalsbrüchen
Im St.-Josef-Hospital wurden seit dem Wochenende drei Patienten versorgt, die bei Glatteis ausgerutscht und böse gestürzt waren. „Alle erlitten einen Oberschenkelhalsbruch. Wir konnten sie hier erstversorgen und auch operieren“, erklärt Kliniksprecher Vassilios Psaltis.
Eine der größten Gefahrenstellen in der Innenstadt war am Montag die Geschäftspassage am Blue Square zwischen Kortumstraße und Boulevard. Auf den spiegelglatten Fliesen kam es ab dem Vormittag zu mehreren heftigen Stürzen.
„Es war unglaublich“, schildern Friedhelm Banz und Walter Held, die als Passanten einer älteren Frau zur Hilfe eilten. „Kaum stand die Dame wieder, krachte die nächste Seniorin zu Boden. Sie stürzte so unglücklich, dass sie mit einem Schulterbruch ins Krankenhaus musste.“
Die Helfer drängten auf Entschärfung. „Aber niemand fühlte sich zuständig, auch nicht der USB. Immerhin hat die Ruhr-Uni ein Warnschild aufgestellt.“ Tatsächlich ist der USB in der Passage zwar für die Reinigung, nicht aber für den Winterdienst zuständig. Das sei Sache der Anlieger. Gebäudeinhaber Michael Mauer will schnell handeln. „Die Fliesen sind bei dieser Witterung viel zu glatt und müssen aufgeraut werden.“