Bochum. . Nach Jahren des Schmerzes und Verzweiflung ließ sich Sabine Bongardt zur Gesundheitspraktikerin ausbilden. „Ich bin angekommen“, sagt sie nun.
- Sabine Bongardt hat Ballast abgeworfen und als Gesundheitspraktikerin eine neue Karriere gestartet
- Krankheiten hatten den Alltag der gelernten Groß- und Außenhandelskauffrau zuvor zum Martyrium gemacht
- Der Zufall führt sie zu „Human Therapy“, einer Behandlung, die Verspannungen und Blockaden lösen soll
Am liebsten erzählt Sabine Bongardt die Geschichte des indischen Bildhauers. Perfekt wie kein anderer fertigt er steinerne Skulpturen von Elefanten. Wie ihm die Formen derart lebensecht gelingen, wurde der Kunsthandwerker von einem Palastbesitzer gefragt. Antwort: „Ich schlage von dem Felsen einfach alles weg, was nicht Elefant ist.“
Sabine Bongardt hat überflüssigen Ballast abgeworfen, der allzu lange auf ihr lastete. Als Gesundheitspraktikerin hat sie eine neue Karriere gestartet, über die sie jetzt ein Buch geschrieben hat. „Ich habe endlich mein Glück gefunden“, sagt die 55-Jährige und strahlt. Von innen. Aus ganzem Herzen.
Sabine Bogardt wollte raus aus dem Hamsterrad
Steinig (um beim Bildhauer zu bleiben) ist der Weg, der hinter der Wattenscheiderin liegt. Zwar ruht die zweifache Mutter nach einer problematischen Kindheit in der Geborgenheit einer liebevollen Familie. Ehemann Volker ist ihr Hafen, „der Fels in der Brandung“. Doch Krankheiten machen den Alltag der gelernten Groß- und Außenhandelskauffrau frühzeitig zum Martyrium.
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Es wird immer schlimmer. In einem Textilhandel, in dem sie nach der Mutterschaft arbeitet, häufen sich die Fehlzeiten. Bandscheibenvorfälle, Arthrose, eine Fibromyalgie mit chronischen Muskel- und Gelenkschmerzen, zermürbende Klinikaufenthalte: „Ich war kein Mensch mehr. Ich hatte jede Lebensfreude, jedes Vertrauen verloren.“
Sabine Bongardt spürt: Sie muss raus aus dem Hamsterrad. Hinein in ein neues Leben. Sich ent-wickeln (sie nimmt Worte gern beim Wort). Sechs Jahre ist das her. Jedes Leid ist aus ihrem jugendlich erscheinenden Gesicht gewichen. Schon lange hatte sie sich, von der Krankheit gezeichnet, mit alternativen Heilmethoden beschäftigt. Der Zu-Fall (!) führt sie zu Georg und Thomas Hartig, die in Bayern die „Human Therapy“ etablierten: eine ganzheitliche Behandlung, die Verspannungen und Blockaden lösen und zum dauerhaften körperlichen und seelischen Wohlergehen beitragen soll.
„Human Therapy“ als Geschenk
„Für mich ist Human Therapy ein Geschenk, genau mein Ding“, sagt Sabine Bongardt. Sie schulte um. Nach zahlreichen Lehrgängen in Bayern leitet sie als „Master-Anwenderin“ heute eigene Seminare und unterhält Praxisräume im Seniorenzentrum am Dortmunder Volksgarten. Klar: Als Ehefrau und Mutter hört der Trubel nie auf, fordert der Alltag seinen Tribut. Aber: „Ich bin angekommen. Ich brenne für das, was ich tue.“ Einen Wechsel könne sie jedem anraten, der wie sie vor Jahren in der Job- Sackgasse steckt. „So viele vegetieren vor sich hin. Ändert etwas! Jeder kann zu seinem Glück finden.“
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Ihren „Weg ins LT“ zeichnet Sabine Bongardt in ihrem gleichnamigen Buch nach, das im Sommer erschien und nachdrücklich dokumentiert, dass ein Beruf zugleich Berufung sein kann. Die rege Resonanz hat sie nochmals motiviert, ihre Überzeugung gestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein. Vom Ballast befreit. Stark. Ausdauernd. Wie ein Elefant.
Interview: Im Job zählt mehr als das Einkommen
Die Lebensgeschichte von Sabine Bongardt (Bericht oben) dokumentiert, wie elementar die Berufswahl ist. Bea Ivanovici weiß das nur allzu gut: Als Berufsberaterin der Bochumer Arbeitsagentur leistet sie Jugendlichen täglich Hilfestellung bei Ausbildung und Studium. WAZ-Redakteur Jürgen Stahl sprach mit der 37-Jährigen.
Stimmt der Eindruck, dass junge Leute heute erst sehr spät über ihre berufliche Zukunft nachdenken?
Wir versuchen zwar, frühestmöglich zu informieren und sind schon in den Klassen 8 und 9 zu Gast. Aber viele Schüler sind bis zum Abschluss ahnungs- und orientierungslos und konzentrieren sich zunächst allein auf die Schule. Vor Kurzem war ich bei angehenden Abiturienten. Auf die Frage, wer nach dem Abi studieren will, gingen fast alle Hände nach oben. Bei der Frage „Und was?“ blieben fast alle Hände unten ...
Dabei ist die Auswahl riesig – und die Chancen besser denn je.
Vielleicht ist das auch das Problem. Das Angebot an Lehrstellen und Studiengängen ist derart gewaltig, dass manche Schulabgänger schlicht den Überblick verloren haben. Bei den Jungs ist der Kfz-Mechatroniker noch immer der Favorit, die Mädchen streben in Büro- und Gesundheitsberufe. Dabei gibt es so viel mehr. Unsere Aufgabe ist es, genau darüber zu informieren und den Blick zu öffnen.
Welche Rolle spielt Geld?
Natürlich ist bei der Berufswahl auch das Einkommen wichtig. Das darf aber nicht das alleinige Kriterium sein. Neulich hatte ich einen Jungen mit seinen Eltern in der Beratung. Die erste Frage war: „Wo verdiene ich das meiste Geld?“
Was ist – auch über die Schule und das Studium hinaus – für einen erfüllenden Beruf entscheidend?
Wesentlich ist, sich zu fragen: Wo liegen meine Interessen, Neigungen und Fähigkeiten? Was will, was kann ich? Und was gibt der Arbeitsmarkt dafür her? Für Jugendliche können Praktika dabei hilfreich sein. Wichtig ist auch: Wer trotzdem eine falsche Entscheidung getroffen hat, sollte nicht davor zurückschrecken, die Reißleine zu ziehen und neu anzufangen. Das gilt bei der Ausbildung ebenso wie im Studium und Berufsleben.