Bochum/Gelsenkirchen. Nach 43 Dienstjahren geht Polizeidirektor Ulrich Grzella in Pension. Er war 21 Jahre Chef aller Polizeikräfte im Ruhrstadion und auf Schalke.

  • Polizeidirektor Ulrich Grzella, Chef der Inspektion Bochum, geht nach 43 Dienstjahren in den Ruhestand
  • Er war bei fast 1000 Polizeieinsätzen im Ruhrstadion und auf Schalke dabei, rund 600 hat er geleitet
  • „Mir wird etwas fehlen, auch wenn es nicht immer vergnügungssteuerpflichtig war, was man erlebt hat“

Jedes größere Unternehmen hat ältere Mitarbeiter, die wegen ihrer Erfahrung, Originalität und Unverwechselbarkeit eine besondere Aura haben. Bei der Bochumer Polizei ist Ulrich Grzella so jemand. Einige bezeichnen ihn als „Legende“. Jetzt geht der 62-Jährige in den Ruhestand.

Dieser Mann hat was erlebt! Zehn Jahre leitete der Polizeidirektor mit drei goldenen Sternen auf der Schulterklappe die Polizeieinsätze bei den Fußballspielen auf Schalke. Danach arbeitete er elf Jahre in gleicher Funktion im Bochumer Ruhrstadion. Am Sonntag, beim Sieg des VfL gegen Ingolstadt, hatte er dort seine letzte Schicht. „Etwas Wehmut“ beschlich ihn vor dem Spiel.

Bei fast 1000 Fußballspielen im Einsatz

Grzella hatte die Polizeieinsätze bei richtig großen Spielen geleitet: Champions-League-Finale 2004 auf Schalke (Porto-Monaco), fünf WM-Spiele in 2006, UI-Cup- und Pokalfinalspiele, dazu unzählige Brisanzspiele in der Bundesliga und unteren Klassen. Aber das Zweitliga-Spiel am Sonntag war trotzdem für ihn „etwas Besonderes, weil es der Abschluss eines langen Weges“ ist.

Bei fast 1000 Fußballspielen war er als Polizist dabei, bei rund 600 als Einsatzleiter. Insgesamt 43 Jahre lang war er Polizist und hat diesen Beruf von der Pike auf gelernt. „Mir wird etwas fehlen, auch wenn es nicht immer vergnügungssteuerpflichtig war, was man erlebt hat.“

Grzella ist ein Ur-Gelsenkirchener. Dazu gehört auch seine Fußball-Passion. Das Blut in seinen Adern ist tief königsblau. In der Jugend kickte er selbst für den S 04, bis zur A-Jugend sogar mit „Flankengott“ Rüdiger „Abi“ Abramczik. Später spielte er in der Landes- und Verbandsliga und war dann mehr als 20 Jahre Trainer in der Landes- und Bezirksliga. Auch heute spricht er mit großer Leidenschaft, wenn er aus seiner aktiven Zeit bei Schalke, Erle 08, Eintracht Gelsenkirchen, den Sportfreunden Gelsenkirchen und beim FSV Witten spricht.

Das Leben nach dem Dienst ausgerichtet

Angefangen hatte Grzella als einfacher Wachtmeister. Heute leitet er die Polizeiinspektion Bochum, die die größte in ganz NRW ist. Die Fußballeinsätze (und auch massenhaft Demo-Einsätze) macht er parallel. „Ich bin immer froh, dass ich neben meinen administrativen Bereichen auch Außendienst hatte“, sagt er. „Nah bei den Menschen, nah bei den Kollegen.“ Freimütig bekennt er: „Mein Leben war immer ausgerichtet nach meinem Dienst.“ Und er fügt hinzu: „Meine Familie hat das alles mitgemacht.“

Grzella kennt das Verhalten von Fußballfans wie nur wenige seiner Kollegen. Man müsse für seine Arbeit viel Menschenkenntnis haben und etwas von Psychologie verstehen, sagt er, Taktiken haben und „Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der eigenen Mitarbeiter“, und „zuhören können“. Und: „Man sollte geerdet sein. Nie vergessen, wo man hergekommen ist.“ Er selbst treffe heute zwar die Entscheidungen, aber die Kohlen aus dem Feuer würden seine Kollegen holen.

Ohne Fußball geht es nicht

In Bochum, schätzt er, gibt es rund 80 bis 90 sogenannte C-Fans (Gewalt suchend) und 250 bis 300 B-Fans (bereit oder sogar geneigt, gewalttätig zu werden). „Eine Minderheit sucht Gewalt – im Schutze der Mehrheit“, sagt Grzella.

Auch im Ruhestand wird der Polizeidirektor den Fußball lieben und leben. „Ich werde in der einen oder anderen Arena wieder auftauchen.“ Auch an der Castroper Straße.

>>> INFO: „Auch ohne Uniform immer willkommen“

Vor dem VfL-Spiel am Sonntag wurde Grzella auf dem Rasen bei freundlichem Applaus von den Rängen verabschiedet.

  • Finanzvorstand Wilken Engelbracht: „Er hat es immer geschafft, den Bogen zwischen Sicherheit, Vereins- und Faninteressen hinzubekommen. Sie sind auch ohne Uniform bei uns immer willkommen.” Auch Dirk Michalowski, der Fanbeauftragte des VfL, bedankt sich bei Grzella "für die stets faire und gute Zusammenarbeit".