Bochum. Die Schauspielerin Kristina Peters und der Schauspieler Roland Riebeling unterstützen eine Aufklärungsaktion eines Netzwerkes für Opferhilfe.

  • Zwei Schauspieler des Bochumer Schauspielhauses beteiligen sich an einer Aktion gegen häusliche Gewalt
  • Sie sind ab heute auf großen Bildern zu sehen, die auf dem Heck zweier Busse durch Bochum fahren
  • Die Aktion fordert dazu auf, nicht wegzusehen, sondern zu helfen, wenn häusliche Gewalt bemerkt wird

„Gewalt ist ein schwacher Auftritt.“ Mit diesem plakativen Satz ist jetzt der Bochumer Schauspieler Roland Riebeling auf einem großen Bild zu sehen, das ihn auf der Bühne des Schauspielhauses zeigt. Dieses Bild fährt ab sofort durch die Stadt, denn es füllt das komplette Heck eines Bogestra-Busses.

Die Aktion ist ein Protest gegen häusliche Gewalt und gleichzeitig eine Aufforderung, offener mit dieser Alltagsstraftat umzugehen. Auch auf Plakaten und Postkarten wird dazu aufgefordert, nicht wegzuschauen, sondern zu helfen, wenn man häusliche Gewalt bemerkt. „Blick hinter die Kulissen!“ mahnt die Bochumer Schauspielerin Kristina Peters auf einem weiteren großen Bild, das sie ebenfalls im Schauspielhaus zeigt und das nun auf dem Heck eines weiteren Busses durch Bochum fährt.

Getarnt als Unfall

Geredet wird über häusliche Gewalt in großen Teilen der Gesellschaft immer noch selten. Die Taten werden hinter verschlossenen Türen begangen, in der eigenen Privatwohnung. „Es wird zu sehr nach außen geschwiegen“, sagt Regina Czajka von der Gleichstellungsstelle der Stadt. Niemand offenbart gern, dass in seiner Beziehung, seiner Familie etwas nicht stimmt. Verletzungen durch Gewalt werden aus Gründen der Scham als Verletzungen durch Unfälle wie etwa einem Treppensturz getarnt.

Organisiert hat die Aufklärungskampagne das „Netzwerk gegen häusliche Gewalt Bochum“, dem 20 Partner angehören, zum Beispiel Beratungsstellen, Justiz, Frauenhaus oder Jobcenter. Partner ist auch die Polizei. „Wir verzeichnen jedes Jahr steigende Fallzahlen“, sagt Kriminalhauptkommissar Ralph Jeske über die Anzeigen.

668 Anzeigen im vorigen Jahr

Im vorigen Jahr wurden in Bochum 668 Fälle gemeldet. Das Dunkelfeld ist aber nach wie vor groß: Für jede einzelne Anzeige werden 25 weitere Fälle vermutet, so Jeske. 360 Mal wurde der Täter für zehn Tage der Wohnung verwiesen. 232 Fälle leitete die Polizei an eine Beratungsstelle weiter, damit den Beteiligten geholfen wird. 248 Fälle landeten beim Jugendamt, denn Kinder bekommen Gewalttätigkeiten in der Partnerschaft mit. Sie merken mehr als den Erwachsenen lieb ist. 95 Prozent der Beschuldigten sind Männer.

Die Taten passieren in allen Kreisen, auch in finanzstarken und gebildeten. Oft spielt Alkohol eine Rolle, in geschätzt 30 bis 40 Prozent, so Ralph Jeske. Der Anteil der Täter mit Migrationshintergrund sei, gemessen am Bevölkerungsanteil, „überrepräsentiert“.

Häusliche Gewalt besteht nicht nur aus Würgen oder Schlagen, sondern auch aus Drohungen und psychischer Gewalt wie zum Beispiel Erniedrigung und Demütigung und auch aus ökonomischer Gewalt: Frauen werden durch Druck und Verbote finanziell abhängig gehalten oder gemacht.

>>> Notruf 110 und „Hilfetelefon“

Wer nach häuslicher Gewalt Hilfe braucht, sollte in akuten Fällen den Notruf 110 anrufen.

Oder auch das bundesweite „Hilfetelefon– Gewalt gegen Frauen“. Rufnummer: 08000 116 016.

Der Anstiegder Anzeigen bedeutet nicht zwangsläufig, dass es tatsächlich auch mehr Fälle gibt als früher. Denn mittlerweile ist in der Gesellschaft die Bereitschaft gewachsen, solche Vorfälle auch anzuzeigen.