Bochum. Ein Bewohner eines Apartmenthauses in Weitmar bemängelt Pflege und Ausstattung. Der Sozialverband weist Kritik zurück, der Patient sei schwierig.

  • Vor 17 Jahren hat Mansour Mirzaei die schlimme Diagnose erhalten: Multiple Sklerose
  • Im „Apartmenthaus Weitmar“ wähnte sich der Iraner gut aufgehoben
  • Doch erhebt schwere Vorwürfe gegen den Ambulanten Pflegedienst der Diakonie

„Freiheit in der eigenen Wohnung mitten in Weitmar“, verheißt die Diakonie Ruhr den Mietern ihres Apartmenthauses an der Elsa-Brandström-Straße. Mansour Mirzaei indes würde „lieber heute als morgen ausziehen“. Massiv sind die Vorwürfe, die er gegen den Ambulanten Pflegedienst der Diakonie richtet. Die weist die Kritik ebenso vehement zurück.

Seit 1983 lebt der Iraner in Deutschland. Jahrelang arbeitete er auf einem Hotelschiff in Düsseldorf. 2000 die schlimme Diagnose: Multiple Sklerose. Die Erkrankung schreitet unbarmherzig voran. „An guten Tagen“, sagt der Alleinstehende, „bin ich mit dem Rollator unterwegs. Meistens aber bin ich auf den Rollstuhl angewiesen.“

„Wo bin ich hier gelandet?“

Das „Apartmenthaus Weitmar“ schien Mirzaei ideal. 14 behindertengerechte Wohnungen mit dem Angebot einer 24-Stunden-Unterstützung hält die Diakonie Ruhr hier in zentraler Lage bereit.

In diesem Haus an der Elsa-Brändström-Straße lebt Mansour Mirzaie seit fünf Jahren.
In diesem Haus an der Elsa-Brändström-Straße lebt Mansour Mirzaie seit fünf Jahren. © Ingo Otto

Vor fünf Jahren bezog Mirzaei eine der 55-qm-Wohnungen. „Seither habe ich mich oft verzweifelt gefragt: Wo bin ich hier gelandet?“, sagt er mit zitternder Stimme im WAZ-Gespräch. Nicht nur, dass es immer wieder zu technischen Störungen und Ausfällen komme: „Die Klingel ist seit 2014 kaputt.“

Vor allem der Pflegedienst raube ihm „jede Freude am Leben“. Mirzaei hat Buch geführt: „161 Mitarbeiter waren im Laufe der fünf Jahre bei mir.“ Viele davon inkompetent, klagt der 56-Jährige. „Zeitarbeiter, Aushilfen, Schüler: Ich hatte hier schon alles. Die meisten hatten null Ahnung von dem anspruchsvollen Job.“

Folge: Seine Kompressionsstrümpfe streife er sich selbst über. Auch beim Duschen verzichte er auf Unterstützung. Wenn er – wie kürzlich nach einem Sturz – auf akute Hilfe angewiesen ist, rufe er lieber den Rettungsdienst: „Die sind wenigstens zuverlässig und kommen sofort.“

LWL hat Beschwerden zurückgewiesen

Die Diakonie Ruhr widerspricht. „Im Apartmenthaus sind 25 Mitarbeiter beschäftigt. Die Fachkraftquote beträgt 70 Prozent. Im Schnitt gibt es jährlich auf fünf Stellen einen Wechsel. Das ist normal. Zeitarbeit ist die absolute Ausnahme“, betont Sprecher Felix Ehlert und sieht sich vom Landschaftsverband als Kostenträger bestätigt: Beschwerden wurden vom LWL wegen Nichtigkeit abgewiesen.

Wie es heißt, gestalte sich die Pflege des Rollstuhlfahrers „grundsätzlich schwierig“. Er habe bereits Pfleger der Wohnung verwiesen; von Aggressionen und Angst ist die Rede. Für Mansour Mirzaei vorgeschobene Ausflüchte. „Ich will nur eine vernünftige Ausstattung und Pflege. Darauf habe ich als Mieter und Patient ein Recht.“

>>Tausende barrierefreie Wohnungen fehlen

Schätzungen der Bau- und Immobilienwirtschaft besagen, dass in Bochum rund 5000 barrierefreie Wohnungen für Senioren und Behinderte fehlen.

Eine Dilemma auch für Mansour Mirzaei. „Sofort“ würde der MS-erkrankte Rollstuhlfahrer aus dem Apartmenthaus in Weitmar ausziehen. „Doch in ganz Bochum gibt es nur 120 Wohnungen, die für mich infrage kommen – und Tausende Bewerber.“