Bochum. . Die alte Flussbadeanstalt in Bochum soll wieder zum Schwimmen geöffnet werden. Was sich bis dahin noch tun muss und wie sich Bochumer erinnern.
- Spätestens in zwei Jahren soll die alte Flussbadeanstalt in Dahlhausen wieder öffnen
- Bis vor 50 Jahren konnte man dort in der Ruhr schwimmen. Schwimmverein will das wieder ermöglichen
- Eigentumsverhältnisse müssen geklärt werden. Prüfung der Wasserqualität ist noch unsicher
Karsten Römhild erinnert sich an jedes Detail. An das rote Tor, das den Eingang zur Flussbadeanstalt in Dahlhausen markierte. An das Kassenhäuschen, an dem man ein paar Pfennig Eintritt zahlte. An die Umkleidekabinen mit Toiletten, rechts die Damen, links die Herren.
An die Holzplanken, zwei Meter lang, die in der Ruhr den Nichtschwimmerbereich vom tiefen Wasser abgrenzten. Und natürlich an die Holzbrücke, die hinüber führte zur Insel mit aufgeschüttetem Kiesstrand. Heute ist sie mit hohen Bäumen bewachsen und ein Naturschutzgebiet.
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Karsten Römhild ist im Jahr 1951 geboren – als 300 000. Bürger der Stadt Bochum. Sein Vater Hans Römhild war der Bademeister in Dahlhausen. 1946 half er dabei, das Bad neu aufzubauen. „Wir haben damals mit einer Handkarre alte Telefonstangen vom Ruhrstadion nach Dahlhausen gefahren, um überhaupt Material für die Brücke zu haben“, erzählte der damals 59-jährige Hans Römhild in einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1978, als er in den Ruhestand ging.
In zwei Jahren soll wieder in der Ruhr geschwommen werden
In dem Haus, in dem heute nur noch der Linden-Dahlhauser Schwimmverein (LDSV) beheimatet ist, wuchs Karsten Römhild auf, mit seinen Eltern, dem Bruder und der Schwester. Links war die Bademeisterwohnung, rechts das Café, betrieben von Mutter Luzi. Die Fenster des Jungenzimmers im Hochparterre gingen zur Ruhr hinaus, das Rauschen des Wehrs lag auch schon damals in den Ohren.
1963 wechselte der Vater ins Stadtbad, fünf Jahre später wurde die Flussbadeanstalt geschlossen. Nun soll sie wiederbelebt werden, wenn es nach dem Schwimmverein und der rot-grünen Fraktion im Rat geht. Vielleicht schon nächstes Jahr, spätestens in zwei Jahren sollen die Bochumer wieder in der Ruhr baden dürfen.
2,20 Meter tiefes, klares Wasser
An warmen Sommertagen zieht es Besucher schon jetzt ins Wasser. „Dürfen wir hier baden?“, fragt eine Schweizer Familie aus Bern. „Sie dürfen nicht, aber sie können“, antwortet ihnen LDSV-Vorsitzender Volkhard Schnitzler. Ihre Fahrradkleidung abgestreift, springen die vier in die Ruhr. Das Wasser ist klar und lässt bis auf den 2,20 Meter tiefen Grund blicken, der von Wasserpflanzen bedeckt ist.
Baden in der Ruhr
Zahlreiche Fische beweisen die Sauberkeit. Volkhard Schnitzler ist überzeugt: „Das hier ist die schönste Ecke in Bochum.“ Auch er badete schon als kleines Kind in der Dahlhauser Ruhr.
Damit das auch heute wieder möglich wird, will der Verein die In-frastruktur vor Ort verbessern. So könnten beispielsweise Container als Umkleiden aufgestellt werden. Gastronomie im Vereinsheim gibt es bereits. Der Pontonsteg soll verkürzt und leicht geöffnet werden.
Nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar
Was fehlt, ist eine größere Liegefläche. Lediglich eine kleine Wiese grenzt an das ehemalige Bootshaus. Der gepflasterte Vorplatz bleibt im Besitz der Stadt. „Wir sind in Gesprächen und schauen, was die dort für möglich halten“, sagt Schnitzler. Das Vereinsheim und das angrenzende Grundstück gehören derzeit auch noch der Stadt, sollen aber spätestens im Herbst an den LDSV übergehen.
Klar ist bereits, dass die Flussbadeanstalt nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrädern zu erreichen sein wird, denn Parkplätze sind rar. „Wir wollen als Verein Umbaumaßnahmen im großen Stil vermeiden“, sagt LDSV-Sprecher Uwe Labudda. „Die Natur ist uns wichtig.“
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Für Karsten Römhild, den es immer noch stets ins Wasser zieht, würden die Kindheitserinnerungen aufleben, wenn die Badeanstalt ihre Pforten öffnet. „Ich werde auf jeden Fall zum Schwimmen hierher kommen.“ Wie hoffentlich tausende andere Bochumer auch.
>>> Erinnerungen der Leser
Wenn ich das Bild der alten Flussbadeanstalt sehe, habe ich Tränen in den Augen. Ich bin Jahrgang 1959 und habe damals als Kind die alte Holzbrücke so oft überquert. Der Kanuverein war direkt nebenan. Und ein Sprungbrett war auch da. Direkt unterhalb der Bahngleise war ein schmaler Grünstreifen. Dort konnte man sich auch mit einer Decke schön hinlegen. Oh du schöne alte Zeit. Ludger Arnscheid
Auf der jetzigen Naturschutzinsel konnte man auf der Wiese seine
Decke ausbreiten und in der Ruhr schwimmen gehen. Eine sehr
schöne Kindheitserinnerung! Sabine Methler
Ich bin damals im Sommer immer ins Schwimmbad an der Ruhr gegangen. Später dann auch mit meinen kleinen Jungens. Die Insel war ein Paradies und wir sind mit Kartoffelsalat und Würstchen angerückt, da man den ganzen Tag dort verbrachte und sich mit Freunden traf.
Die Holzbrücke zur Insel wurde bei Hochwasser immer weggeschwemmt und man hoffte, dass sie wieder fertig war bis zur Badesaison. Die Bilder zeigen meine Söhne im Alter von dreieinhalb und zweieinhalb Jahren. Das war 1968, da war das Schwimmbad das letzte Jahr geöffnet. Später ging es dann ins Südbad. Aber an der Ruhr war es immer am schönsten. Gisela Schäfen
Wir sind damals 1949 bis in die 50er Jahre immer zur Ruhr gefahren. Auch dort, unterhalb der Burg Blankenstein, war eine Flussbadeanstalt. 20 Pfennig kostete der Eintritt. Es war eine herrliche Zeit. Morgens ganz früh von Laer nach Stiepel. Wenig Geld, eine Flasche Tee, eventuell Kotelett und Kartoffelsalat. Aber wir fanden alles toll. Die Ruhr war bestimmt nicht so sauber, wie sie sein sollte, aber wir haben uns daran nicht gestört. Wenn wir uns mit mehreren Mädchen in einer Kabine umziehen mussten, haben wir uns den Rücken zugedreht. Wir waren so 13, 14 Jahre alt.
W. Reimann