Bochum. Abdul Wahab Iddrisu lebt in Bochum. Bei Amacspor Dahlhausen hat er ein Stück Heimat gefunden. Mannschaftskameraden fürchten seine Abschiebung.

  • 19-jähriger Flüchtling aus Ghana fühlt sich im Fußballverein in Dahlhausen schon sehr heimisch
  • Rechtsanwalt sieht nur wenig Chancen, den Abschiebebeschluss zu ändern.
  • Bedrohung des jungen Mannes durch den Vater in der Heimat spielt im Asylverfahren keine Rolle

Plötzlich stand Abdul Wahab Iddrisu auf dem Sportplatz. „Ich spiele schon seit ich klein bin Fußball“, sagt der 19-Jährige. Nichts lag also näher, als bei Gleichgesinnten anzuklopfen. Der junge Mann aus Ghana wohnte vor anderthalb Jahren in einer Flüchtlingsunterkunft an der Donnerbecke. Im Verein Amacspor Dahlhausen 1987 konnte Iddrisu erfolgreich anknüpfen. Nicht nur, dass er mittlerweile zur ersten Mannschaft gehört.

Er hat sich in die Herzen seiner Vereinskameraden gespielt, die ihn als Teil des Teams nicht mehr missen möchten. „Er ist ein extrem liebenswerter Mensch. Ich habe noch nie erlebt, dass er ausrastet. Er versucht, Deutsch zu sprechen und er kommt zu jedem Training. Wenn er mal krank ist, guckt er einfach zu. Das habe ich so noch nie erlebt“, berichtet sein Trainer Dirk Sörries.

Wichtige Gründe für seine Flucht

Abdul Wahab Idrissu fühlt sich in Dahlhausen wohl.
Abdul Wahab Idrissu fühlt sich in Dahlhausen wohl. © Klaus Pollkläsener

Es könnte also ein gelungener Neuanfang für den Jungen aus Ghana sein. Doch so einfach ist das alles nicht. Natürlich hatte Wahab Iddrisu gewichtige Gründe, aus seiner Heimat nach Deutschland zu fliehen. „Meine Mutter starb und mein Vater sorgte sich nicht mehr um mich und meine Schwester“, sagt er. Bei einer Bekannten fand er Unterschlupf und konvertierte ihr zuliebe zum Katholizismus. Mittlerweile ist er wieder Moslem. Sein Vater aber habe es ihm sehr übelgenommen, dass er sich zwischenzeitlich vom Islam distanziert hatte und sei im Stande im äußerste Gewalt anzutun, erläutert er auf Englisch. Seine Geschichte zählt allerdings nicht viel beim Asylantrag. Wahab Iddrisu kommt aus einem als sicher geltenden Land, das in Asylverfahren nur in den wenigsten Fällen zu einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung führt. „Das bedeutet, dass die Prüfung nicht so tiefgehend ist. Über neunzig Prozent der Asylanträge aus Ghana werden abgelehnt“, sagt Rechtsanwalt Franz-Josef Batke, der Iddrisu im verwaltungsgerichtlichen Verfahren berät und vertritt.

Angst vor der Heimkehr

Auch Iddrisu Antrag auf Asyl wurde abgelehnt. Er soll freiwillig ausreisen. Batke schätzt die Chancen auf eine Änderung des Beschlusses nicht allzu groß ein. „Die Situation mit seinem Vater ist für die deutschen Behörden erst einmal nur ein Privatkonflikt, für den aus deren Sicht die ghanaische Polizei zuständig ist. Sie können dann auch auf innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten verweisen zum Beispiel in große Städte“, erläutert er. In wenigen Ausnahmen könnten Menschen aus Ghana einer Abschiebung entgehen, zum Beispiel wenn es den deutschen Behörden nicht gelänge, die Person zu identifizieren und sie deshalb nicht nach Ghana schicken könnten, schildert er weiter.

Der Versuch, die Rückreise von Wahab Iddrisu aufzuschieben, steht derzeit im Vordergrund. „Meine Mannschaftskollegen geben mir Kraft, schwierige Situationen durchzustehen“, sagt er. Seine Vereinskameraden hat das Schicksal des Jungen aus Ghana tief berührt. „Als ich gesehen habe, wie er wohnt, haben wir erstmal einen Kühlschrank besorgt“, so Maurice Otten (23). Für die jungen Männer aus Deutschland war die karge Wohnsituation von Iddrisu und seinen Mitbewohnern mit zerrissenem Sofa und Matratzen auf dem Boden erschütternd. Nichts würden sie unversucht lassen, um ihren Kameraden zu unterstützen. „Wir könnten ihm Arbeit besorgen. Das wäre kein Problem“, sagt David Cirkel (26) und Maurice Otten nickt. Noch gibt die Mannschaft nicht auf.

>>>Rückführung von Flüchtlingen aus Bochum

  • Im Jahr 2016 wurden insgesamt 123 Personen zurückgeführt (davon 2 aus Ghana). Die meisten Menschen stammten aus folgenden Ländern: Serbien (28), Mazedonien (21), Albanien (17), Kosovo (14).
  • Im Mai (Stand 22.5.) hielten sich in Bochum 1208 ausreisepflichtige Personen auf, die im Besitz einer Duldung waren (davon 34 aus Ghana). Aktuell (Stand 1.6.) leben in Bochum 1833 Asylbewerber (davon 37 Personen aus Ghana) und 74 Asylfolgeantragsteller (keine Person aus Ghana).