Bochum. Die Zahl der Drogentoten in Bochum steigt an. 17 Abhängige sind 2016 an den Folgen des Konsums gestorben. Die Opfer werden immer älter.
- Junge Erwachsene konsumieren vor allem Cannabis und chemische Substanzen
- Zwei Drittel der Drogendelikte in Bochum hängen mit Marihuana zusammen
- Jeden Tag kommen neue „Designer-Drogen“ in Umlauf, bei denen nicht erkennbar ist, was in ihnen steckt
Die Zahl der Drogentoten in Bochum ist im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Laut Polizei gab es sechs Personen, die unmittelbar durch Drogenkonsum gestorben sind. 2015 waren es fünf, im Vorjahr drei. Die Krisenhilfe zählt 17 Bochumer, die durch die Folgen von Drogenkonsum ums Leben kamen, beispielsweise durch Organversagen. Das sind fünf mehr als 2015, im Jahr 2014 waren es acht.
„Das ist ein beunruhigender Trend“, sagt Silvia Wilske, Leiterin der Drogenberatungsstelle Krisenhilfe. Volker Kraft, Leiter des Drogendezernats, geht davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. „Wenn es so weitergeht, wie in den letzten Monaten, wird es 2017 noch mehr Drogentote geben.“ Am Montag gab das Bundeskriminalamt bekannt, dass die Zahl der Drogenopfer in Deutschland um neun Prozent, in Nordrhein-Westfalen um zwölf Prozent gestiegen sind.
Immer mehr jüngere Patienten werden betreut
„Wir betreuen eine immer größer werdende Gruppe junger Patienten“, weiß Wilske. Die 18- bis 25-Jährigen konsumierten vor allem Cannabis und chemische Substanzen. „Vor zehn Jahren kam es nie vor, dass wir jemanden ,nur’ wegen Cannabis in die Entgiftung schicken“, so Wilske, „heute ist das die Regel“. Die hohe Zahl der Marihuana-Abhängigen zeigt sich auch in der Menge der Drogendelikte, die die Polizei verzeichnet. Auch sie steigt seit Jahren stetig, sagt Volker Kraft. Von den rund 1200 Ermittlungsverfahren im vergangenen Jahr hängen 808 mit Cannabis zusammen.
An zweiter Stelle stehen die synthetischen Substanzen. Rund 50 Stoffe, die chemisch untersucht werden müssen, soll die Polizei laut Wilske vergangenes Jahr sichergestellt haben. „Designer-Drogen“ nennt man diese Betäubungsmittel, bei denen von außen nicht erkennbar ist, was in ihnen steckt. Jeden Tag kommen neue Substanzen auf den Markt. Sie sprechen vor allem Jüngere an, die sich oft auch über das Internet unkontrolliert Drogen bestellen.
Durchschnittsalter der Drogentoten steigt an
„Das Potenzial an Nachwuchskonsumenten ist gestiegen“, sagt Volker Kraft. Gleichzeitig gebe es aber eine immer größer werdende Gruppe der langjährig Süchtigen. „Das Durchschnittsalter der Toten steigt.“
Silvia Wilske kennt zahlreiche Fälle, in denen Abhängige bereits seit 30 oder 40 Jahren Drogen konsumieren oder ihre Entzugserscheinungen mit der Ersatzdroge Methadon unterdrücken, bis die Organe versagen, Magen und Leber völlig zerstört sind. „Irgendwann ist der Körper nicht mehr in der Lage, das zu bewältigen.“
Die Krisenhilfe betreut jährlich rund 1200 Abhängige. „Das Wichtigste ist, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie man vorsichtig konsumiert, wenn man schon konsumiert“, erklärt Siliva Wilske. Ihrer Meinung nach kommt die Präventivarbeit zu kurz. Von neuen Verboten hält sie nichts, sie sorgten nur dafür, mehr Menschen zu kriminalisieren. „Die Drogenhersteller sind immer einen Schritt voraus und die Politik rennt hinterher.“
>>> KOMMENTAR: Nur Prävention kann helfen
Der Tod von Drogenabhängigen kann nur mit einer intensiven Beratung und Präventivarbeit verhindert werden. Das ist keine neue Erkenntnis und doch kämpft die Krisenhilfe immer wieder gegen Mittelkürzungen. Vergangenes Jahr wurden ihr städtische Zuwendungen gestrichen.
Dabei leistet die Beratungsstelle seit über 40 Jahren wichtige Arbeit, klärt Jugendliche über Gefahren von Drogen auf und hilft Abhängigen, von ihrer Sucht loszukommen oder mit ihr zu leben. Diese Leistung verdient höchste Wertschätzung – auch finanziell.