Bochum/Gelsenkirchen. Das Verwaltungsgericht hat den verkaufsoffenen Sonntag beim Maiabendfest gekippt. Verdi spricht von einem Sieg, der Handel übt scharfe Kritik.
- Das Verwaltungsgericht hat den verkaufsoffenen Sonntag beim Bochumer Maiabendfest gekippt
- Damit müssen die Geschäfte in der Innenstadt während des Festes am 30. April geschlossen bleiben
- Die Gewerkschaft Verdi spricht von einem Erfolg, der Handel von einer „verpassten Chance“.
Der verkaufsoffene Sonntag im Rahmen des Maiabendfestes ist gekippt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gab am Mittwoch einer Beschwerde der Gewerkschaft Verdi recht. Danach müssen die Geschäfte in der Bochumer Innenstadt am 30. April geschlossen bleiben. Verdi spricht von einem Erfolg, der Handel von einer „verpassten Chance“.
Sechs verkaufsoffene Sonntage (davon drei in der Innenstadt) sieht ein Ratsbeschluss für 2017 vor. Der geplante Auftakt im Rahmen des am Donnerstag beginnenden Maiabendfestes ist geplatzt. Die 19. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen untersagte am Mittwoch die „Durchbrechung des Feiertagsschutzes“. Der schreibt vor, dass der Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag mehr Menschen anlocken muss als die Geschäftsöffnung selbst.
Für Bochums ältestes Brauchtumsfest war die Stadt von täglich 10 000 Besuchern ausgegangen. Eine „aus der Luft gegriffene“ und nicht nachvollziehbare Prognose, wertet das Gericht. „Hinzu kommt“, so Sprecher Wolfgang Thewes, „dass das Fest nur auf dem Boulevard stattfindet, die Geschäfte aber in der gesamten Innenstadt geöffnet werden sollten.“
Handel und CDU üben scharfe Kritik
Verdi bezeichnet die Einstweilige Anordnung als „weiteren Erfolg“ im juristischen Feldzug gegen die arbeitnehmerfeindlichen Sonntags-Öffnungen. Stadt und Rat hätten die frühzeitig geäußerten rechtlichen Bedenken „komplett ignoriert“, so Geschäftsführerin Gudrun Müller. Die Entscheidung sei daher „nicht wirklich überraschend“.
Heftige Kritik äußern CDU und Handel. Von einer „Riesenkatastrophe für den Einzelhandel in Bochum“ spricht CDU-Landtagsabgeordneter Christian Haardt: „Verdi hat der Innenstadt einen Bärendienst erwiesen.“ Textilhändler Andor Baltz hält den Beschluss für „absolut enttäuschend“. Die Geschäfte in der City hätten mit Blick auf Ruhrpark, Online-Handel und Baustellen einen schweren Stand. „Und da kommen Leute, die nicht jeden Tag um Kunden kämpfen müssen, und sagen: Offener Sonntag, gibt es nicht“, grollt Baltz und erkennt „eine verpasste Chance für die Innenstadt“.
Stadt legt keine Beschwerde ein
Ob Stadt und Politik seiner Forderung nachkommen, um die weiteren offenen Sonntage 2017 „zu kämpfen“ (der nächste am 11. Juni in Langendreer), soll bald feststehen. Stadtsprecher Thomas Sprenger: „Wir werden in den nächsten Wochen mit allen Beteiligten sprechen.“ Sicher sei bereits, dass die Stadt keine Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss für den kommenden Sonntag einlegt: „In der Kürze der Zeit gäbe es keine Aussicht auf Erfolg.“
Derweil fordert Verdi die Sonntags-Befürworter zum Aufgeben auf. Sekretär Michael Siewers: „Die Stadt sollte ihre geplanten Sonntage komplett überdenken. Sonst werden wir auch die weiteren Öffnungstermine juristisch prüfen lassen.“
>>> Kommentar von Jürgen Stahl
Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht das älteste Brauchtumsfest, welcher Anlass sollte sonst dem Gesetz genügen, einen verkaufsoffenen Sonntag in Bochum zu legitimieren?
Keine Frage: Mit dem Aus für den Maiabend-Sonntag haben die Richter Sterbehilfe auch für die weiteren Sonntags-Öffnungen in diesem Jahr geleistet. Kaum vorstellbar, dass die Stadt derart überzeugende Korrekturen an ihren Rechenspielen anbringt, dass die fünf bevorstehenden Sonntage Gnade vor Verdi und dem Gericht finden könnte.
Was bleibt? Den Ratsbeschluss kippen und das Kapitel Offene Sonntage für 2017 schließen. Und: Der künftigen Landesregierung eine neue, zeitgemäße Gesetzgebung auf die Agenda zu schreiben, die Kommunen, Handel, Gewerkschaft und Kunden gerecht wird.