Bochum. . Der Rettungsdienst der Feuerwehr rückt immer öfter aus. Im Jahr 2016 gab es 34 919 Fahrten. Ein Grund: ein „Anspruchsdenken“ in der Bevölkerung.
- Der Rettungsdienst der Feuerwehr ist im vorigen Jahr zu 34 919 Einsätzen ausgerückt
- Die Einsatzzahlen steigen Jahr für Jahr deutlich an, jeweils um rund fünf Prozent
- Einer der Gründe ist ein „Anspruchsdenken“ in Teilen der Bevölkerung, so die Feuerwehr
Die Kurve in der Jahresbilanz steigt und steigt seit Jahren. Der Rettungsdienst der Feuerwehr Bochum ist im Vorjahr zu 34 919 Notfalleinsätzen ausgerückt, in 10 437 Fällen unterstützt von einem Notarztwagen. Das sind insgesamt fast 1500 Fälle mehr als im Jahr davor. Ein Grund ist laut Feuerwehr ein „Anspruchsdenken“ in Teilen der Bevölkerung.
Vor zehn Jahren zählte der Rettungsdienst gut 20 000 Notfalleinsätze. Seitdem kletterten die Zahlen jedes Jahr um rund fünf Prozent nach oben. Im Jahr 2016 fuhren die Rettungskräfte im Schnitt bereits 95 Einsätze pro Tag wegen Infarkten, Schlaganfällen und anderer lebensgefährlicher Erkrankungen, wegen Unfällen und anderer Notlagen.
13 Rettungstransportwagen und 5 Notarztfahrzeuge
Martin Weber ist Leiter des Rettungsdienstes, der insgesamt mit 13 Rettungstransportwagen (RTW) und fünf Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) ausgerüstet ist. Der 33-Jährige nennt vier Gründe, weshalb es immer mehr Einsätze gibt.
– Die Spezialisierung der Krankenhäuser. Immer mehr Verlegungen von Patienten werden erforderlich, weil weitere Spezialuntersuchungen gemacht werden.
– Die Menschen werden immer älter, dadurch gibt es mehr medizinische Notfälle.
– Der Rückgang eines schützendes sozialen Netzwerkes: Immer mehr Familien leben über das Land verteilt und können sich in Notlagen nicht sofort gegenseitig helfen.
– Und dann ist da „die Amazon-Gesellschaft“, wie Weber sagt. Er meint die Einstellung mancher Bürger, dass Dienstleistungen Tag und Nacht verfügbar seien. Da werde über den Notruf 112 ein RTW gerufen mit der Begründung: „Ich habe kein Geld fürs Taxi. Das gibt es regelmäßig.“ Oder jemand habe leichte Rückenschmerzen seit drei Tagen. In solchen Fällen solle aber der Hausarzt oder der hausärztliche Notdienst (Tel. 116 117) aufgesucht werden. Weber: „Der RTW ist für die Notfallversorgung da.“
300.000 Kilometer in sechs Jahren
Damit nur ja keine Missverständnisse aufkommen, stellt der Rettungs-Chef aber klar: „Bei akuten lebensbedrohlichen Erkrankungen, auch schon bei Verdacht, nicht zögern und die 112 wählen!“ Und auch bei Unglücksfällen. Aber bei Bagatellfällen wie Husten, Schnupfen, Heiserkeit sei die 112 nicht die richtige Wahl. Feuerwehrsprecher Stefan Nowack berichtet von Fällen, in denen junge Leute den RTW riefen, weil einer betrunken war.
Die Belastung für die RTW sei sehr groß. „Nach sechs bis sieben Jahren haben sie 300 000 bis 400 000 Kilometer auf dem Tacho“, sagt Nowack. „Dann werden die Fahrgestelle gewechselt.“
Durch den Anstieg der Einsatzzahlen wurde auch die Personalstruktur verändert: Mittlerweile gibt es 62 Tarifbeschäftigte, die nur im Rettungsdienst arbeiten, nicht auch im Brandschutz.
Neues Fahrzeug für Intensivpatienten
Der Rettungsdienst der Feuerwehr hat jetzt für knapp 200 000 Euro einen „Sonder-RTW“ für Intensivpatienten angeschafft, zudem drei fahrbare elektrohydraulische Schwerlast-Tragen für Patienten bis 300 Kilo. Eine Trage (90 000 Euro) ist mit High-Tech für Intensiv-Patienten geeignet. Alle neueren RTW haben jetzt auch das Navigationssystem „Rescue Track“. Damit wird die Anfahrt zum Einsatzort erleichtet.