Bochum. . Eine Info-Veranstaltung im St. Josef-Hospital lockt rund 150 Gäste. Ärzte referieren über einen Durchbruch in der Multiple Sklerose-Forschung.

Die Krankheit, die niemals schläft. So bezeichnen viele Menschen Multiple Sklerose, kurz: MS. Deutschlandweit leiden etwa 150 000 bis 200 000 Menschen an dieser Autoimmunerkrankung. Typisch ist der schubweise Verlauf, der bislang nur schwierig aufgehalten werden kann.

Auf einer Informationsveranstaltung zum Welt-MS-Tag am 1. April versammelten sich rund 150 Gäste im Hörsaalzentrum des St. Josef-Hospitals. Forscher aus der Neurologie, darunter der Leiter der Neurologie Prof. Ralf Gold und der leitende Oberarzt Prof. Aiden Haghikia, berichteten über Neuigkeiten aus der aktuellen Forschung. Zudem gaben sie Ernährungstipps und klärten über Risikofaktoren auf, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an MS zu erkranken.

Ein Rollator steht im Hörsaal. Ein Hilfsmittel, das viele MS-Patienten täglich begleitet.
Ein Rollator steht im Hörsaal. Ein Hilfsmittel, das viele MS-Patienten täglich begleitet. © Dietmar Wäsche

Als wichtigste Erkenntnis in der MS-Forschung gelten derzeit „Propionate“, deren positiver Einfluss auf die MS-Erkrankung in Bochum entdeckt wurde. „Propionate habe ich nicht entdeckt, die gibt es schon viele Jahre. Die Natur hat sie geschaffen. Aber ich hab mit meinem Team herausgefunden, was für einen positiven Einfluss sie haben“, sagt Haghikia.

Propionate sind Salze von Säuren, wie beispielsweise der Buttersäure, die auf zellulärer Ebene dazu führen, dass Immunregulatoren in der Darmwand entstehen und sich verbreiten. Diese Immunregulatoren dienen quasi als „körpereigene Polizei“ und bekämpfen Entzündungsherde. „Das könnte der Schlüssel für eine weitere Stufe der MS-Therapie bedeuten“, sagt Haghikia.

Zu den Risikofaktoren, an MS zu erkranken, zählen beispielsweise Rauchen und Fettleibigkeit. Haghikia sagte: „Die Ursachen, an MS zu erkranken, sind nicht primär genetisch bedingt. Vielfach glauben die Leute, man hat das mit den Genen mitbekommen. Aber das ist nicht so. Nur knapp 30 Prozent macht die Genetik aus, 70 Prozent sind die Umweltfaktoren. Dazu zählt auch die Nahrung.

Ernährung als neues Forschungsfeld

Anschließend widmete sich Haghikia in seinem Vortrag dem Einfluss der Ernährung und des Darms auf MS. „Es ist uns aufgefallen, dass langkettige Fettsäuren schädlich sind und Zellen in Entzündungszellen verwandeln lassen.“ Langkettige Fettsäuren finden sich beispielsweise in Fleisch. Haghikia empfiehlt eine faserreiche Kost, die nur zu einem geringen Bestandteil Fleisch enthält. „Denn kurzkettige Fettsäuren wandeln einige Zellen in sogenannte Immunregulatoren um“, sagt er.

Teilnehmer der Veranstaltung zeigen sich insgesamt zufrieden, aber üben auch Kritik. So äußerte ein Ehepaar aus Bochum, deren Verwandter an MS erkrankt ist: „Es ist zwar alles ganz schön und umfangreich dargestellt, aber einfach zu wissenschaftlich. Die gehen da jeden Tag mit um, aber unsereins versteht da vieles einfach nicht. Das hätten die ruhig noch weiter runterbrechen können, damit jeder das versteht.“

>>>Weitere Infos rund um MS

Im Ruhrgebiet leben laut Schätzung von Prof. Gold rund 20 000 Personen mit Multiple Sklerose.

Der Verlauf ist schwer vorhersehbar. Schwere Behinderungen sind nicht zwangsläufig.

Jährlich werden im St. Josef - Hospital rund 2500 Patienten mit MS behandelt.