Bochum. WAZ-Medizinforum im voll besetzten St.-Josef-Hörsaalzentrum zeigte die Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Psyche auf. Spannende Forschung.

Ob in der Fernsehwerbung oder Sportumkleide: Es wimmelt nur so von selbsternannten Ernährungsberatern. Und Futter-Moden gibt es zu Genüge, vom Vegetarismus bis zur Eiweiß-Kur der Fitnessjünger. Welche Kost Körper und Geist wirklich gut tut, darüber sprachen Georg Juckel, Ralf Gold und Mathilde Kersting beim WAZ-Medizinforum am Donnerstagabend im St.-Josef-Hörsaalzentrum. Im Fokus standen die komplexen Beziehungen zwischen Essen und Seele.

Prof. Juckel informierte, Redaktionsleiter Thomas Schmitt (li.) moderierte.
Prof. Juckel informierte, Redaktionsleiter Thomas Schmitt (li.) moderierte. © Dietmar Wäsche

Für Psychiater wie Prof. Juckel besteht die Seele aus den „belebenden Stoffen“: den Neurotransmittern, die im Hirn als Boten fungieren. Hinter unseren Gefühlen stehen medizinisch nachvollziehbare, chemische Prozesse. „Frustessen ist somit leicht verstehbar“, sagt Juckel. Auch die Ernährung beeinflusse, ob wir an Demenz oder Depression erkranken. Mediterranes Essen beuge seelischen Leiden dabei nachweislich vor, so Juckel.

Mediterrane Kost wird empfohlen

So seien die Suizidraten in südlichen Ländern deutlich niedriger als bei uns. Das könnte doch auch am sonnigen Klima liegen, oder? Doch das viel gepriesene Sonnenvitamin D, erklärte Juckel, sei gar nicht so wichtig fürs Seelenheil. Es gebe Studien, die Ernährung unabhängig vom Wetter betrachten.

Nach dem Vortrag gab es auch kritische Anmerkungen: „Dann müsste es doch in jeder psychiatrischen Klinik einen entsprechenden Ernährungsplan geben. Den gibt es aber nicht“, bemängelte ein WAZ-Leser. „Ja, da gibt es Nachholbedarf“, räumte Juckel ein.

Dass Essen auch direkt aufs Nervensystem wirkt, weiß Neurologe Ralf Gold. Er befasst sich mit Multipler Sklerose. Propionate, früher Konservierungsmittel im Brot, helfen, der Autoimmunerkrankung vorzubeugen. Doch einst verdächtigte man den Stoff, Magenkrebs zu erregen. So wurde er aus dem Essen verbannt. Zurzeit forscht Gold mit Teams aus verschiedenen Unis an der Wirksamkeit des Stoffes. Im Tierfutter ist dieser noch enthalten. Vom Naschen am Futternapf rät Gold aber ausdrücklich ab.

Den Abschluss machte Ernährungswissenschaftlerin Mathilde Kersting. Ihr Thema: Kinderernährung. Dazu gehöre auch die soziale Komponente: Gemeinsame Mahlzeiten wirken sich nachweislich positiv auf das Kindeswohl aus. Die genauen Zusammenhänge sind dabei auch für Fachleute Neuland.

Was entgegnet man nun den selbst ernannten Experten? Von radikalen Diäten, etwa Komplettverzicht auf Kohlenhydrate, rät Juckel ab: „Alles, was einseitig ist, ist schlecht.“ Was fest steht: „Wenn Sie etwas Olivenöl auf Ihren Salat gießen, tun Sie sich auf jeden Fall etwas Gutes – auch für Ihre Psyche.“