Bochum. . Am Samstagabend lichtete der Shanty-Chor Bochum den Anker in der Stadtpark-Gastronomie, vor vollen Reihen. Mitsingen war erwünscht.

  • Beim Bochumer Shanty-Chor wird gleich in fünf verschiedenen Sprachen gesungen
  • Die Aufführung von Schauspiel und Gesang begründet das Genre des Shanticals
  • Seemanns-Affinität war nicht nötig, um das Fernweh zu verspüren

Eine herbe Brise wehte am Samstagabend durch die Stadtpark-Gastronomie. Der Shanty-Chor Bochum hatte zum „Shantycal“ geladen: einem Musical mit Shantys, also Seemannsliedern. Zum ersten Mal gab es das im vergangenen Jahr zum 40-jährigen Bestehen des Chores. Das damals volle Schauspielhaus hatte Lust auf mehr gemacht.

Mitsingen war erwünscht. In den vollen Reihen zeigten sich mehrere Zuschauer bei manchen Liedern durchaus textsicher. Dabei machte der Chor es ihnen sprachlich nicht einfach: Gesungen wurde auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch und Ukrainisch. Shantys in einer slawischen Sprache hört man in Deutschland eher selten. Das ist einer der Gründe, warum Vorstand René Kerksick feststellt: „Wir sind so erfolgreich, weil wir alles anders machen.“ Immerhin erfand man ja auch das Genre des „Shantycals“.

Anekdoten über Reisen, Länder, Frauen

Für die Aufführung wurden die Schauspieler Michael Habelitz und Maksim Braun als „Hannes“ und „der Junge“ engagiert. Hannes kehrt von seiner letzten Fahrt auf der „Morning Star“ zurück. Der alte Seemann hat die sieben Weltmeere bereist und ist bereit, seine Erfahrungen weiterzugeben. Der Junge hat noch etwas Zeit vor dem Auslaufen und hört gespannt zu: Anekdoten über Reisen, Länder, Frauen und den Äquator. Man muss keine Seemanns-Affinität besitzen, um dabei verstärktes Fernweh zu verspüren. Genau das mache die Faszination der Shantys aus, so Kerksick: „Es ist die Sehnsucht dieser emotionalen Lieder, die Freiheit, die sie versprechen, das Fernweh, das einen beim Zuhören packt. Das ist vielleicht der Grund, warum es bei uns in NRW mehr Shanty-Chöre gibt als in Hamburg oder Bremen.“

Das übertrug sich auf die Zuschauer. „Es gefällt mir wirklich gut, gerade die Mischung aus Schauspiel und Gesang“, lobt Vivianne Behr. Dass der Chor in Shanty-Tradition nur aus Männern besteht, stört sie nicht: „Frauen würden nicht passen. Es soll ja Seemänner darstellen.“ Lob gab es auch von Kennern.

Da ist Bewegung drin

Axel Ermisch ist seit 15 Jahren Mitglied in Shanty-Chören und extra aus Wuppertal gekommen. „Ich bin begeistert. Es ist nicht statisch. Da ist richtig Bewegung drin und es führt zu einer tollen Atmosphäre.“ Ähnlich sehen es Michael und Susanne Amend: „Man sieht ihnen den Spaß an, sie transportieren das. Wir kennen den Chor schon länger, gesanglich war es schon immer top. Aber man sieht eine Entwicklung. Es ist eine Lockerheit entstanden, die sich überträgt.“ Dabei sind sie keine echten Shanty-Fans. „Aber wir sehen den Chor immer gerne.“

Diese Offenheit mag René Kerksick: „Wer sich nur auf ein Spektrum konzentriert, ist vernagelt.“ Grinsend fügte er an: „Ich freu’ mich schon auf Iron Maiden im April.“