Da spalten sich die Meinungen: FDP und Elterninitiative diskutieren über Vor- und Nachteile von G8. Volksbegehren will G9 zurück

  • FDP und die Elterninitiative „G9 jetzt NRW“ diskutieren über das Abitur nach acht bzw. neun Jahren
  • Initiative sammelt landesweit Unterschriften für ein Volksbegehren im Landtag, um G9 zurück zu erkämpfen
  • FDP ist für Wahlfreiheit der Schulen und sieht Vorteile beim verkürzten Abitur

Nur noch einen Monat warten: Dann beginnt für die Abiturienten die Prüfungsphase. Für viele von ihnen werden es nach acht Jahren Schule die letzten Klausuren sein. Die Verkürzung des Abiturs um ein Jahr ab dem Jahr 2005 ist weiter ein umkämpftes Thema. Auch nach dem doppelten Abiturjahrgang im Jahr 2013 ist es nicht still geworden um das „Turbo-Abi“.

Die Elterninitiative „G9 jetzt NRW“ will das Abitur nach neun Jahren durch ein Volksbegehren zurück erkämpfen. 2015 war sie im Landtag gescheitert. Der Vorschlag, G9 wieder einzuführen, wurde von 95% der Abgeordneten abgelehnt. Nun will die Initiative ein Volksbegehren initiieren und braucht dafür 1,06 Millionen Unterschriften. 4750 Sammler in NRW sammeln in 396 Kommunen Stimmen. Auch in Bochum. Die Initiative startete im Januar und muss in einem Jahr die Unterschriften in den Landtag bringen. Der Landtag kann den Vorschlag annehmen oder muss einen Volksentscheid herbeiführen.

Die FDP Bochum lud Marcus Hohenstein von der Elterninitiative und die bildungspolitische Sprecherin der FDP im Landtag, Yvonne Gebauer, ein, um über die Vor- und Nachteile von G8 und G9 zu diskutieren. „Die FDP hat sich bei dem Thema klar positioniert: Jede Schule soll selbst entscheiden können, ob sie das Abitur in acht oder in neun Jahren anbietet“, sagt Léon Bauer (21), Landtagskandidat aus Bochum. Er gehörte 2013 zu den Ersten, die das Abitur in acht Jahren schafften. „Ich hatte wenig Probleme, aber es gab Leute, die auf der Strecke geblieben sind.“ Mit diesen Problemen hat Hohenstein täglich zu kämpfen. Er ist Physiklehrer und leitet einen Leistungskurs. „Die Auswirkungen auf die Schüler sind gravierend.“ Nach einer Klausur sagte eine Schülerin zu ihm, sie könne nicht mehr. Unter Tränen schilderte sie ihm ihren Tagesablauf: Um 18 Uhr komme sie nach Hause, um 21 Uhr sei sie mit Lernen fertig. „Die Schüler sind einer extremen Belastung ausgesetzt.“ Allein der Begriff Schulzeitverkürzung sei irreführend. Die Stunden der zehnten Klasse würden auf die kommenden Schuljahre im Nachmittagsbereich verteilt. „Selten sind die politischen Parteien so weit weg vom Willen der Bevölkerung. Deshalb wollen wir G9 erkämpfen.“

Yvonne Gebauer findet allerdings, dass Schule im Wandel ist. „So, wie wir Schule erlebt haben, ist nicht mehr zeitgemäß und wird auch nicht mehr gewünscht.“ Eine Rückkehr zu G9 würde viele erwerbstätige Familien belasten und auch eine Verkürzung der Unterrichtszeit in der Sekundarstufe I für alle Schulformen bedeuten.