Bochum. Weil sein Antrag auf geheime Wahl vom Rat der Stadt abgelehnt wurde, zog AfD-Ratsmitglied Sebastian Marquardt vor Gericht. Und das mit Erfolg.
- Vergeblich auf geheime Wahlen gepocht hat die AfD in der Vergangenheit im Bochumer Rat
- Sie zog daher vor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und klagte in zwei Fällen
- Drei Stunden wurde vor der 15. Kammer verhandelte – am Ende feierte die AfD einen Teilerfolg
Mit einem Teilerfolg der AfD endet vorläufig ein Rechtsstreit mit dem Rat der Stadt Bochum. Der muss künftig bei Wahlen – anders als es bislang gehandhabt wurde – in jedem Fall geheim abstimmen, selbst wenn dies nur von einem einzigen Ratsmitglied verlangt wird.
Darauf hatte Ratsmitglied und AfD-Fraktionsgeschäftsführer Sebastian Marquardt im September 2016 gepocht, als es um die Besetzung des Kreiswahlausschusses ging. Weil sein Widerspruch gegen eine offene Abstimmung scheiterte, reichte er Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein. Er berief sich dabei auf den Paragrafen 50 der NRW-Gemeindeordnung.
Zuständig für Kommunal- und Wahlrecht
Zurecht, wie die für Kommunal- und Wahlrecht zuständige 15. Kammer am Mittwoch befand. Am Ende stand zwar kein Urteil, aber eine vom Gericht vorgeschlagene Einigung zwischen Kläger und Rat. „In der Sache haben wir Recht bekommen“, freute sich Marquardt. In einem weiteren, ähnlichen Fall ließ das Gericht die AfD-Klage allerdings nicht zu.
Die Einigung zwischen Rat und AfD kam nach einer Beratungspause zustande, in der sich Rechtsamtsleiterin Ursula Beaupain sowie Stephan Heimrath als Amtsleiter im Büro für Angelegenheiten des Oberbürgermeisters und des Rats telefonisch mit OB Thomas Eiskirch (SPD) berieten. „Mit der Einigung kann ich gut leben“, so Beaupain, auch wenn sie einräumte, „die AfD hat sich durchgesetzt.“
Paragraf 50 der Gemeindeordnung
Nach Auffassung der Stadt sieht § 50 der NRW-Gemeindeordnung in den Absätzen 3 und 4, die sich mit Listenwahlen beschäftigen, keine Möglichkeit vor, eine geheime Abstimmung zu verlangen; nicht zuletzt weil dem Gesetzgeber die Transparenz von Wahlentscheidungen besonders wichtig sei.
Das Gericht indes führte aus, dass die in Absatz 2 genannte Einspruchsmöglichkeit, Wahlen müssten „durch Abgabe von Stimmzetteln“ und damit geheim vollzogen werden, wenn jemand der offenen Abstimmung widerspricht, sowohl für die Wahl von einzelnen Personen als auch für die Listenwahl gilt.
Gericht schlägt Einigung vor
Es sprach zwar kein Urteil, schlug aber eine Einigung vor, der am Ende beide Seiten folgten – eben mit der Maßgabe, dass der Rat von sofort an in jedem Fall auf Antrag geheim wählen lässt. „So werden wir in Zukunft verfahren“, bekräftigte die Rechtsamtsleiterin. Anders sieht es bei Beschlüssen, das heißt Entscheidungen in Sachfragen, aus. Über diese kann nur geheim abgestimmt werden, wenn mindestens eines Fünftel der Mitglieder des Rates dies beantragen.
Nicht durchsetzen konnte sich die AfD mit einer zweiten, ähnlich gelagerten Klage gegen den Rat, in der sie die Wahl für die Aufsichtsorgane städtischer Unternehmen aus dem Jahr 2014 für ungültig erklären lassen wollte. Die 15. Kammer ließ sie aus formalen Gründen nämlich erst gar nicht zu.
Weitere AfD-Klage abgewiesen
Damals hatte die dreiköpfige AfD-Fraktion geklagt, betroffen aber seien nur die Rechte einzelner Ratsmitglieder, so die Kammer. Diese hätten klagen müssen. Obwohl keine Berufung zugelassen wurde, ist die Sache womöglich noch nicht erledigt. AfD-Rechtsanwalt Knut Meyer-Soltau kündigte an, eine Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster anzustrengen. Dazu müsste das OVG erst die Berufung und dann auch die Klage selbst zulassen.
„Zumindest werden wir uns das überlegen“, so Ratsmitglied Marquardt. Zuvor hatte sein AfD-Fraktionsvorsitzender Wolf-Dieter Liese während der Verhandlung angeführt, dass in einem ähnlichen Fall das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Klage einer politischen Gruppe, als von mehreren Ratsmitgliedern, zugelassen habe. Es sei unverständlich, dass zwei Verwaltungsgerichte in gleicher Sache unterschiedliche Urteile träfen.