Hauptversammlung verabschiedete Thesenpapier
Sabine Vogt
Politik aus kommunaler Sicht ist Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nicht fremd. Und weil er in den 80er Jahren als Kämmerer für die Stadt Pulheim tätig war, kennt er auch die finanziellen Gefüge. Als er zum Abschluss der dreitägigen Hauptversammlung des Deutschen Städtetags am Donnerstag im Bochumer Ruhr-Congress auftrat, herrschte Harmonie.
Stand der dringende Wunsch nach mehr Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen ganz oben für die Delegierten, Rüttgers stellte sich auf ihre Seite. „Es kann nach der Krise nicht mehr so weitergehen wie vorher. Wir brauchen neue Strategien für die Grundlagen der Gesellschaft, etwa, wie wir Finanz- und Realwirtschaft zusammenbringen. NRW will ein Industrieland bleiben.”
Natürlich kam auch er am Thema Krise nicht vorbei. „Die Eliten entfernen sich von den normalen Bürgern; dabei vermisse ich Erklärungen aus Wirtschaftsverbänden, dass sie aus ihren Fehlern gelernt hätten. Viele Leute haben heute das Gefühl, es sitzen nicht mehr alle in einem Boot.”
Lob erntete der Landesvater für die unbürokratische Verteilung der Mittel aus dem Konjunkturpaket II, wobei die kommunalen Verbände eingebunden waren; „so haben nicht alle Landesregierungen reagiert”, meinte Petra Roth als frischgewählte Präsidentin des Städtetags.
Es habe aber keinen Sinn, entgegnete Rüttgers, jetzt alle zwei Jahre neue Konjunkturprogramme aufzulegen. Längst habe sich eine Erwartungshaltung in Wirtschaft und Bevölkerung festgesetzt, der Staat werde es richten, der Staat werde zahlen. „Da muss ich erklären: Wir haben keinen Spielraum mehr für weitere Verschuldung.”
Die Forderung der Kommunen nach Neuorganisation der Jobcenter unterstützte er ausdrücklich.
Ministerpräsident Rüttgers griff die Probleme auf, die die meisten deutschen Städte, besonders aber die im Ruhrgebiet, plagen: der demoskopische Wandel, die Abwanderung von Bürgern und sozialer Integrationmangel.
„Unsere Städte müssen schöner werden; das sage ich in Richtung Architektur und Städtebau. Nötig ist dazu die Gesamtvorstellung einer lebenswerten Stadt, sicher nicht glitzernde Solitäre inmitten verödeter Ecken.” Der Einzelhandel gehöre zurück in die Innenstädte, und wer das wolle, müsse aufhören, auf grüner Wiese großzügig auszuweisen. Die Fußgängerzonen sähen heute fast überall gleich aus. „Wir sollten nicht alles mit Bebauungsplänen reglementieren, wenn wir bunte Städte haben wollen.” Ghettos, so Rüttgers, müssten vermieden werden: „Es bringt nichts, einzelne Stadtteile herauszuputzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass man hier leben kann, ohne ein Wort deutsch zu sprechen.”
Thema Banken: „Wir brauchen bis zur Sommerpause eine Antwort für die Landesbank, da muss der Bund helfen, schließlich haben die Länder den Privatbanken unter die Arme gegriffen.” Das von der Bundesregierung beschlossene Bad-Bank-Modell berücksichtige nicht die Landesbanken.
Präsidentin und Vize, Petra Roth und Christian Ude, zogen eine positive Bilanz: „Der Städtetag in Bochum war erfolgreich, allein wegen der Botschaften, die wir erhalten haben.” Besonders Rüttgers sehen die Kommunen in großen Teilen auf ihrer Seite. Wichtig sei nun, nicht allein die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen zu forcieren, sondern auch die der Städte untereinander, etwa bei Rechenzentren; Hauptgeschäftsführer Stephan Articus: „Gerade in NRW ließe sich da viel zusamenlegen.” Überdies sollten wohlhabendere Städte ärmere Nachbarn bei der Förderung der Vorschulkinder unterstützen. Jugendliche gelte es, verstärkt in Weiterbildungsangebote zu bringen. Um der Krise zu trotzen, müsse die Standortqualität gesichert werden. Dies gehört zum Thesenpapier, das der Städtetag beschlossen hat. Energie- und Umwelttechnik seien überdies wichtige Säulen der kommunalen Wirtschaft.