Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen ist zwar bundesweit bekannt, aber in den Gerichtssälen sieht man sie nur äußerst selten. Wenn sie aber auftritt, hat die „Leitwölfin im Rudel der harten Hunde” (so nannte sie mal die „Financial Times”) große Fälle.

In ihren Plädoyers geht sie nie nur auf das rein Juristische, sondern stets auch auf das menschliche Versagen von Angeklagten und ihre persönliche Schuld ein. Hier ein Überblick ihrer größeren Fälle der vergangenen Jahre in Bochum.

  • 2000 wurden zwei Ex-Bahnmanager wegen Bestechlichkeit (fast 3 Mio € kassiert) und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu viereinhalb, bzw. zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die Raffgier der Manager nannte Lichtinghagen „eine Unverschämtheit, die mit Worten nicht zu fassen ist”. Der Haupttäter (Professor): „Ich schäme mich unendlich.”
  • Ein Ex-Vorstandschef des Energieriesen VEW wurde 2001 wegen Steuerhinterziehung zu ca. 200000 Euro Geldstrafe verurteilt - wegen fast 400000 Euro Steuerschaden. Die Affäre kostete ihn den Chefposten.
  • 2002 wurde einer der größten Baulöwen Deutschlands (6,5 Mrd € verbaut) wegen Bestechung, Untreue und Steuerdelikten zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde später vom BGH teilweise gekippt, so dass die Strafe auf 21 Monate Haft auf Bewährung reduziert wurde. Plus 100 000 € Geldauflage zugunsten der Uni Witten-Herdecke. Lichtinghagen hatte vier Jahre Haft gefordert. Der Baulöwe habe „in ganz eklatantem Maße” das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wirtschaft geschädigt.
  • 2002 wurde der damalige Präsident eines großen Sportverbandes wegen Steuerhinterziehung durch versteckte Geldanlagen in Liechtenstein zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem musste er 1,25 Mio Euro an gemeinnützige Zwecke zahlen.
  • Ein Ex-Veba-Manager, der in den 90er Jahren an dreisten Selbstbereicherungen von Topmanagern in dem damaligen Konzern (Privatgartenpflege auf Kosten der Veba) mitgemacht hatte, wurde 2002 wegen Untreue zu 17 850 € Geldstrafe (85 Tagessätze) verurteilt. Lichtinghagen hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung gefordert.
  • Einer der größten Software-Piraten Deutschlands, der sich mit dem Handel von gefälschten Microsoft-Produkten ein Leben in Saus und Braus geleistet hatte (Bugatti, Porsche, Jaguar, Rolls Royce, 39 Immobilien), bekam 2004 fünfeinhalb Jahre Haft. „Er hat mit krimineller Logistik eine Fälscherstruktur aufgebaut, die ihresgleichen sucht”, so Lichtinghagen. Vor dem Prozess hatte sie ihn mit SEK-Kräften aus dem Bett geholt. Sie warf ihm „Geldgier und Geltungssucht” vor.
  • 1999 hatte sie ihren schwärzesten Tag in ihrem Beruf. Damals hatte sich ein Ex-Oberstadtdirektor und Ex-Veba-Manager, den Lichtinghagen wegen Betrugsverdachts hatte inhaftieren lassen, in der Bochumer U-Haft erhängt. Sie soll Tränen in den Augen gehabt haben. Ganz cool sei der Mann doch mit den Vorwürfen umgegangen.
  • Die meisten und finanziell umfangreichsten Verfahren erledigt die Powerfrau aber wohl ohne Prozess durch Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage. So auch im Liechtenstein-Komplex. Das geschieht wohl auch deshalb, weil man auf diese Weise einer höchst streitigen Rechtsfrage aus dem Wege geht und die Beschuldigten trotzdem zu hohen Bußgeldzahlungen bringt. Denn die DVD, auf der die vielen hundert Beschuldigten aufgelistet waren, hatte ein Insider aus einer Liechtensteiner Bank gestohlen und gegen einen Millionenbetrag an den Bundesnachrichtendienst verkauft. Die DVD war also Hehlerware und somit als Beweismittel in einem Gerichtsprozess vielleicht gar nicht verwertbar. Das Bundesverfassungsgericht hat das bisher nie geklärt.