Bochum. . Im Zeitmaul-Theater gelingt Arne Nobel & Co. eine Zwölf-Stunden-Lesung von Tankred Dorsts sperrigem Werk „Merlin oder das wüste Land“.

  • Szenische Lesung im Zeitmaul-Theater beginnt am Nachmittag und endet am frühen Morgen.
  • Geboten wurde Tankred Dorsts voluminöses Stück „Merlin oder das wüste Land“.
  • Eine brillant erzählte Geschichte über Loyalität, Freundschaft und deren Scheitern.

Es ist ein Wagnis: Zwölf (!) Stunden Lesung, ohne Probe, dazu ein Stoff, der als nicht inszenierbar gilt: Tankred Dorsts monumentale Artus-Bearbeitung „Merlin oder Das wüste Land.“ Theatermacher Arne Nobel traute sich: seine Burg Camelot ist das Zeitmaul-Theater, seine Tafelrunde besteht aus den Mutigen, mit denen er den Lese-Marathon bestritt, darunter bekannte Gesichter der hiesigen Szene wie Felix Lampert, Thomas Anzenhofer und Maria Wolf. Und der heilige Gral, den die Ritter suchen, ist die europäische Idee.

Erzählt wird eine zeitlose Geschichte

Aber das wurde erst ganz zum Schluss deutlich, wenn König Artus (würdevoll: Anzenhofer) sich von seinem Lehrmeister Merlin (Nobel) trennt. „Der Geist sollte über das Chaos herrschen“, sagt Artus. „Der Geist von ein paar Privilegierten?“ fragt Merlin – und der Zuschauer versteht, dass es hier um eine zeitlose Geschichte über das Scheitern von Utopien geht. Und vielleicht auch über das Scheitern von Europa.

Bravouröse Vorleser

Den Großteil der Lesung zeigt sich Dorsts Werk aber als brillant erzählte Geschichte über Loyalität, Freundschaft und deren Scheitern. Die Vorleser werden dem bravourös gerecht. Zum Beispiel wenn Elaine (Maria Wolf) und Artus’ Frau Ginevra (Britta Weilbacher) in ihrer Eifersucht um Tausendsassa Sir Lancelot (Marc Zabinski) aufeinander losgehen. Ebenfalls großartig: Dustin Semmelrogges Darstellung des Parcival, hier ein naiver Waldschrat.

Nur eine Hand voll Publikum

Natürlich, ohne eine einzige gemeinsame Probe lässt sich kein richtiges Stück inszenieren. Trotzdem war „Merlin“ weit mehr als eine Lesung und bot in Glanzmomenten große Schauspielkunst. Schade, dass dieses Mammutwerk nur vor nur einer Hand voll Zuschauer aufgeführt wurde. Dass dennoch alle Beteiligten bis tief in die Nacht durchhielten und gerade die letzten Szenen zu den stärksten Momenten der Aufführung machten, dafür gebührt allen Künstler/innen Respekt.