Bochum. Sabine Braun ist Jugendtrainerin beim TV Wattenscheid 01 – und eine der erfolgreichsten deutschen Leichtathletinnen. Fünfmal startete sie bei Olympia.
- In Barcelona gewann die Siebenkämpferin 1992 Bronze
- Doping war immer schon ein Thema
- An Los Angeles 1984 und Sidney 2000 denkt sie gern zurück
Staatlich verordnetes Doping, Angst vor Terroranschlägen, Zika-Virus – viele Schlagzeilen im Vorfeld der Olympischen Spiele sind wenig angetan, Vorfreude auf das große Fest der Völker in Brasilien zu wecken, das heute Nacht in Rio de Janeiro startet. Dabei spielten Betrug, Sicherheit und Gesundheit schon immer eine große Rolle, wenn sich die Jugend der Welt zum Kräftemessen traf.
„Es hat sich nicht viel verändert, was das Thema Doping angeht“, sagt Sabine Braun. Die 51-Jährige ist eine der erfolgreichsten deutschen Leichtathletinnen. Fünfmal nahm sie an Olympischen Spielen teil, 1992 in Barcelona wurde sie Dritte im Siebenkampf. Bronze! Platz zwei hätte es wohl sein müssen, denn Silber gewann die russische Athletin Irina Belowa, die nur ein Jahr später des Dopings überführt wurde.
Versuchung ist verständlich
Braun kritisiert daher auch die Entscheidung des IOC, nicht grundsätzlich alle russischen Athleten von den Spielen in Rio auszuschließen, sondern die Verantwortung an die Fachverbände abzugeben. „Meistens kann man ja wenig beweisen, jetzt aber hätte man die Chance gehabt durchzugreifen“, sagt Braun. Gleichzeitig aber räumt sie ein, dass man ohnehin nicht alle Dopingsünder hätte erwischen können, weil vermutlich auch in anderen Ländern „mit der gleichen Zielsetzung und mit den gleichen finanziellen Mitteln zu Werke gegangen wird“.
Die Versuchung der Sportler kann die zweimalige Weltmeisterin sogar ein Stück weit verstehen. Es gehe heutzutage um sehr viel Geld. „Vielleicht glauben Sportler, die verbotene Substanzen nehmen, dass alle etwas nehmen. Ich glaube im Übrigen auch nicht, dass meine Konkurrenten glauben, dass ich nichts genommen habe.“
Bei Eröffnungsfeier in L.A. dabei
Braun, die heute Jugendliche im Alter zwischen 16 und 20 Jahren beim TV Wattenscheid trainiert, startete ihre olympische Karriere 1984 in Los Angeles. „Es waren meine schönsten Spiele“, blickt sie zurück. „Die Einkleidung der Olympiamannschaft in Frankfurt, das Vorbereitungstrainingslager mit der Nationalmannschaft, mit den Großen, ich war als Vize-Junioren-Europameisterin ja so ein bisschen das Küken“, schwärmt Braun noch 32 Jahre später im Gespräch mit der WAZ. „Amerika, das erste Mal in Übersee – und ich bin mit der Mannschaft bei der Eröffnung einmarschiert, was nicht vielen Leichtathleten vergönnt ist. Darüber bin ich sehr, sehr glücklich.“
Noch glücklicher war sie dann acht Jahre später, als sie nach dem Wettkampf in Barcelona eine Bronzemedaille erkämpft hatte. „Mit der richtigen Form hätte es auch Gold sein können“, sagt Braun, die knapp zwei Monate zuvor mit 6985 Punkten einen deutschen Rekord aufgestellt hatte, der bis heute gültig ist. „Das Stadion in Barcelona war toll, wir Athleten konnten direkt in die Stadt. Ähnlich wie acht Jahre später in Sydney. Wir wurden überall euphorisch und freundlich empfangen.“
L.A., Barcelona und Sydney – das waren Brauns olympische Höhepunkte. Die Erinnerungen an Seoul (1988) und Atlanta (1996) sind weniger gut. „In Südkorea war das Essen schlecht, Atlanta war keine schöne Stadt, das Trainingslager war öde und dann gab es ja auch noch den Bombenanschlag.“
Giftige Spinnen in Sydney
Durchaus kritisch blickt Braun auf die Entwicklung des Spitzensports allgemein und natürlich auch auf die Spiele. Nachdem der Amateurstatus gefallen sei, habe sich das Geschäft deutlich verändert. „Es wird immer mehr zum Zirkus. Die Interessen der Athleten müssen sich den Sendezeiten der Fernsehanstalten anpassen.“ Auch in Rio werden in den kommenden 17 Tagen viele Entscheidungen zur Primetime im US-Fernsehen fallen – zwischen 1 und 4 Uhr mitteleuropäischer Zeit. „Ich werde nachts dafür nicht aufstehen“, sagt Braun.
Sorgen macht sich die gebürtige Essenerin ein wenig um die jungen Sportlerinnen: „Vor Seoul mussten wir uns gegen Hepatitis impfen und in Sydney hatten wir es mit giftigen Spinnen zu tun. Ich weiß aber nicht, wie ich mit dem Zika-Virus umgegangen wäre.“
Irgendwie weiß Sabine Braun es aber dann doch: „Sagt man deswegen Olympische Spiele ab?“