Bochum. Kritik am Einsatz bei zwei Demos zum Thema Flüchtlinge: Die Beamten sollen überzogen vorgegangen sein. Die Polizei Bochum weist das aber zurück.

Nach zwei Demos zum Thema Flüchtlinge am vorigen Sonntag ist heftige Kritik am Polizeieinsatz laut geworden. Tenor: Sie sei überzogen gegen Demonstranten vorgegangen und habe statt zu deeskalieren unnötige Schärfe in die Situation gebracht. Die Polizei weist das zurück.

Polizei soll "bedrohliche Atmosphäre geschaffen haben

Am frühen Abend hatten zwölf Teilnehmer der weithin unbekannten Gruppierung „Daskut“ („Deutschland asylfreie Schulen, Kindergärten und Turnhallen“) auf dem Husemannplatz demonstriert, abgesichert von viel Polizei. Danach wollten im Kontrast dazu 100 bis 200 Menschen unter dem Titel „Refugees Welcome!“ (Flüchtlinge willkommen) auf dem Dr.-Ruer-Platz gegen die „schlimme Situation in den Massenunterkünften und für ein besseres Leben“ demonstrieren, darunter auch Flüchtlinge selbst. Doch dazu kam es nicht, weil die Veranstalter, die Initiative „Refugee Strike Bochum“, die Demo absagten: „Aufgrund des Verhaltens der Polizei konnten wir nicht mehr für die Sicherheit der Menschen garantieren, die teilnehmen wollten.“

Die Polizei habe durch ihre massive Präsenz – u.a. eine Reiterstaffel – schon vor der Demo „eine bedrohliche Atmosphäre“ geschaffen. „An unserem offiziell angemeldeten Versammlungsort mussten wir mit ansehen, wie die Polizei zwei Menschen in die Ecke drängte, sie durchsuchte und in Gewahrsam nahm. Wir waren schockiert über Berichte, dass ein älterer Mann von der Polizei angegriffen wurde.“ Polizeiketten hätten die Menschenmenge geteilt. Eigentlich habe die Polizei „eine sichere Umgebung für die Ausübung unserer Grundrechte garantieren“ sollen. „Stattdessen hat die Polizei das Gegenteil getan. Das kritisieren wir in aller Schärfe. Erst am Samstag haben sich die Stadtverantwortlichen bei der Menschenkette gegen Rassismus bemüht, Bochum als einen Ort zu präsentieren, an dem Rassismus keinen Platz hat. Wir sind enttäuscht darüber, dass die Polizei es nur einen Tag später unmöglich gemacht hat, dass eine antirassistische Demonstration für die Rechte von Geflüchteten stattfinden kann.“ Die Demo werde bald nachgeholt.

Polizei: „Nicht unerhebliche Anzahl aggressiver, gewaltbereiter Personen“

Die Polizei erklärte am Montag auf WAZ-Nachfrage, dass sie von der Absage der Demo „überrascht“ gewesen sei. „Letztlich schien der Versammlungsleiter aufgrund der Zusammensetzung der Versammlungsteilnehmer – unter anderem eine nicht unerhebliche Anzahl aggressiver, gewaltbereiter Personen – daran zu zweifeln, eine friedliche Versammlung durchführen zu können. Aus diesem Grund entschied er sich zur Absage. Es ist zu keinem Zeitpunkt durch den Versammlungsleiter die Bitte geäußert worden, die Polizeipräsenz zu reduzieren, beziehungsweise wurde Kritik an dem Auftreten der Polizei geäußert.“

Und zu dem „älteren Mann“: Er habe versucht, die Festnahme „eines vermummten Versammlungsteilnehmers zu verhindern, indem er einen Polizeibeamten von hinten attackiert und gewürgt hat. Der Polizist musste ins Krankenhaus und wird mindestens eine Woche dienstunfähig sein.“

Insgesamt neun Strafanzeigen

Laut Polizei gab es insgesamt neun Anzeigen wegen Widerstands, Beleidigung und Verstoßes gegen das Vermummungsverbot.

Kritik am Polizeieinsatz kam auch von den „Linken“ im Rat. Die Beamten hätten „eine friedliche Situation völlig unnötig gewalttätig eskalieren lassen, so Fraktionschef Ralf-D. Lange. „Der Übergriff muss lückenlos aufgeklärt werden. Bereits am 1. Mai haben wir in Bochum einen völlig überzogenen Polizeieinsatz erlebt. Wenn das die neue Linie der Polizei in Bochum werden sollte, dann sehe ich schwarz. Nach diesem erneuten Vorfall ist endlich auch eine Stellungnahme der Polizeipräsidentin fällig.“