Bochum. Kaum wurde der Haushalt genehmigt, gibt es schon wieder eine „Bewirtschaftungsverfügung“. Das bedeutet, dass nur 80 Prozent der Etatmittel ausgezahlt werden.

Mit einer Bewirtschaftungsverfügung hat Kämmerer Manfred Busch auf das im ersten Quartal des Jahres um 16,9 Millionen Euro gestiegene Haushaltsdefizit reagiert. Vorerst werden lediglich 80 Prozent der Haushaltsmittel bereit gestellt. „Eine Haushaltssperre ist das aber nicht“, dementiert Busch Aussagen der Fraktionen „Die Linke“ und „FDP/Stadtgestalter“; macht aber gleichwohl klar, dass der vorsorglichen Maßnahme der Bewirtschaftungsverfügung eine Haushaltssperre folgen könne.

Nur drei Wochen nachdem die Bezirksregierung den Bochumer Haushalt 2016 genehmigt hat, der ein Defizit von 67,4 Millionen Euro vorsah, ist das Minus bereits auf 84,3 Millionen Euro gewachsen. Die Linke spricht von „unseriöser Finanzpolitik“, FDP/Stadtgestalter von einem auf Kante genähten Haushalt, der nicht gehalten habe. „Und so muss der Kämmerer de facto eine Haushaltssperre verhängen, auch wenn er den Begriff meidet, wie der Teufel das Weihwasser“, so Fraktionsvorsitzender Felix Haltt.

Streit über Ursachen für Kostensteigerung

Erstaunt und empört sind beide Fraktionen über die wesentliche Ursache für das gestiegene Defizit. Vor allem um 23,9 Millionen Euro gestiegene Kosten für Flüchtlinge seien dafür verantwortlich, so der Kämmerer. „Blanker Unsinn“, sagt Horst Hohmeier, Mitglied der Linksfraktion im Rat. Aktuell würden doch gar keine neuen Flüchtlinge zugewiesen.

Kämmerer Busch argumentiert: Die jüngsten Beschlüsse zur Anschaffung von Unterkünften, die Vergabe der Leitung von Einrichtungen an Wohlfahrtsverbände und vor allem die Kosten für die Sicherung von Unterkünften, die dramatisch angestiegen seien, hätten zu dem deutlichen Kostenanstieg geführt. Er kündigte an, demnächst weitere Zahlen vorzulegen.

Dass Busch in der ersten Jahreshälfte eingreifen muss, weil die beschlossenen Haushaltsansätze aus dem Ruder zu laufen drohen, ist nicht neu. Im Vorjahr verhängte er im Juni eine Haushaltssperre, weil das Defizit um 30 Millionen Euro gewachsen war. 2014 hatte er ebenfalls im Juni eine Bewirtschaftungsverfügung (90 Prozent) erlassen.

Strategische Steuerung

Während nun einmal mehr die aktuelle Finanzlage im Blickpunkt steht, hat eine noch in der Amtszeit von Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz initiierte Steuerungsgruppe Konsolidierung ihre Arbeit aufgenommen. Das vierköpfige Gremium unter der Leitung von Cornelia Tusk aus dem Dezernat Zentrale Dienste heißt offiziell „Strategische Haushaltsentwicklung“ und wird sich mit der Optimierung von Arbeitsprozessen beschäftigten, auch um einen „nachhaltigen, längerfristigen Spielraum für Gestaltung zu erbringen“, so Manfred Busch.

Potenzial habe etwa der Aufbau eines Callcenters, das möglicherweise auch für andere Kommunen betrieben werden könne. Auch das papierlose Büro berge erhebliche Möglichkeiten zur Arbeitszeiteinsparung. Außerdem werde sich die Steuerungsgruppe auch mit den Finanzen beschäftigen. Die von der Gemeindeprüfungsanstalt gemachten Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung, wie etwa Finanzpositionen um ein Drittel zu streichen, reichen nach Ansicht des Kämmerers nicht mehr aus. „Diese Phase ist aus meiner Sicht abgeschlossen.“